LICHTER
Drama, Deutschland 2003, 105 Minuten, ab 12
Originaltitel: Lichter; Deutschlandstart: 31.07.2003 (Prokino); Regie: Hans-Christian Schmid; Produktion: Jakob Claussen, Thomas Wöbke; Drehbuch: Hans-Christian Schmid, Michael Gutmann; Musik: The Notwist; Kamera: Bogumil Godfrejow; Ausstattung: Christian M. Goldbeck; Schnitt: Hansjörg Weißbrich, Bernd Schlegel; Kostüme: Ulrike Scharfschwerdt; Make Up: Tatjana Krauskopf; Ton: Marc Parisotto, Stefan Michalik

mit Ivan Shvedoff (Kolja), Sergej Frolov (Dimitri), Anna Janowskaja (Anna), Sebastian Urzendowsky (Andreas), Alice Dwyer (Katharina), Martin Kiefer (Marko), Tom Jahn (Maik), Devid Striesow (Ingo), Claudia Geisler (Simone), Zbigniew Zamachowski (Antoni), Aleksandra Justa (Milena), Marysia Zamachowska (Marysia), Maria Simon (Sonja), Janek Rieke (Christoph), August Diehl (Philip), Julia Krynke (Beata), Herbert Knaup (Klaus), Henry Hübchen (Wilke)

Internet Movie Database (de/us)
Offizielle Homepage (Prokino de)
Trailer (Prokino de)

Ich weiß jetzt nicht, was ich sagen soll. Ich war so durcheinander heute früh. So 'n Zufall, echt. Ich freu mich, dich wieder zu sehen. Wirklich. Lass uns versuchen so normal wie möglich über alles zu reden, ja? - Normal? Ich weiß nicht, ob das normal ist, dass du dich zwei Jahre nicht meldest. Und dann tauchst du auf einmal hier auf und tust so, als wäre alles in Ordnung. Kannst du mir das erklären? - Tut mit leid. Ich wollte dich nie verletzen. Du hast mir einen Brief geschrieben in dem steht, dass ich mich nie wieder blicken lassen soll. Glaubst du, das hat mir nicht weh getan? - Du bist wirklich schlau! - Beata und Philip

Plot: 5 Einzelschicksale an der deutsch-polnischen Grenze: Ein selbstständiger Kleinunternehmer, der jedoch nicht wirklich auf einen grünen Zweig kommt und verzweifelt versucht, dem Ruin zu entkommen. Dann ein ca. 15jähriger Junge, Mitglied einer polnischen Schmugglerbande, der mit allen Mitteln versucht, das Herz eines Mädchens aus der Bande zu erobern. Die ist aber mit einem älteren Jungen aus der Bande zusammen, den sie zwar nicht wirklich liebt, von dem sie sich aus Angst und mangelnder Kraft nicht trennen kann. Dann ein deutscher Jungarchitekt (August Diehl), der bei einem Projekt auf seine Exfreundin trifft und nicht verhindern kann, dass sie zum Preisvorteil seines Chefs (Herbert Knaup) mit dem Geschäftspartner schlafen soll. Derweil versucht ein polnisches Ehepaar mit Baby und letztem Geld verzweifelt über die Grenze zu kommen, scheitert aber an den rücksichtslosen Schleusern, die nur auf das Geld aus sind. Und last but not least ist da noch eine Übersetzerin beim Bundesgrenzschutz, die auch mit illegalen Mitteln versucht, sich für die polnischen Flüchtlinge einzusetzen, dabei aber deren Skrupellosigkeit unterschätzt. Sie alle begeben sich auf ihrer Suche nach (innerem) Glück und einem besseren Leben auf eine Odyssee, die zu keinem Erfolg führen kann.

Kritik: In Hans-Christian Schmidts neuem Werk gibt es keine Gewinner. Außer vielleicht einem, und mit dem kann man sich nicht freuen.
Fernab von jeder Fiktion werden wir mit einer Welt konfrontiert, die wir in unserem Leben höchstens am Rande mitbekommen und dann meist gemütlich ignorieren. Natürlich kann unsereins nicht beurteilen, wie realitätsnah der Film wirklich ist, aber er ist schon sehr nah dran und gerade das macht seine Stärke aus. Lichter ist kein Film zum Entspannen und gemütlich Popkorn Essen, sondern geht unangenehm an die Nieren. Denn wenigstens mit einer der Geschichten kann sich jeder identifizieren, in irgendeiner Weise. Und dem erfolglosen, unspektakulären Scheitern der Protagonisten zuzusehen, die für ihren guten Willen von der Realität gerade zu noch bestraft werden, ist schon sehr bedrückend.
Im Strom der vielen schönen Ablenkungen mal ein Film, der auf die Füße tritt und uns für einen langen Moment nicht wegschauen lässt. Auch wenn wir nach dem Film wieder in unsere gemütliche und weitaus angenehmere Welt zurückkehren, bleibt zumindest ein Gedanke für eine Weile hängen: Gut, dass wir weit, weit weg von dieser Welt leben!

Fazit: Anspruchsvoller, schöner Film. Schön im dem Sinne, dass die Filmrealität mal nicht so ist, wie wir sie gerne hätten, sondern ist, wie sie tatsächlich ist und wir sie nicht (wahr)haben wollen. Zum Nachdenken regt er allemal an und das sollte man in unserer Zeit wohl häufiger mal tun. 9 von 10 nicht verkauften Matratzen

Nikolas Mimkes
16.06.2003

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692 Stimmen
Schnitt: 5.2
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Leser-Kommentare:
Seher (17.09.03): Ein wirklich sehr guter Film. (ich finde, wenn ich gar nicht mehr darueber schreibe, ist es vielleicht am aussagekraeftigsten, da auch der Film selber von dem Motto `weniger ist manchmal mehr' lebt.) Eine kleine Anmerkung noch zu der Kritik (s.o.): es werden 6 und nicht 5 einzelschicksale dargestellt, wobei das ausgelassene vielleicht das beruehrendste ist. Ein finanzschwacher Taxifahrer (ein grandioser Darsteller!) reisst sich fast ein Bein aus, um seiner kleinen Tochter rechtzeitig ein neues Kommunionskleid kaufen zu koennen. Wunderbar!
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