Voll Frontal
Komödie/Drama, USA 2002, 101 Minuten, ab 12
Originaltitel: Full Frontal; Deutschlandstart: 03.07.2003 (Buena Vista International); Regie: Steven Soderbergh; Buch: Coleman Hough; Produktion: Gregory Jacobs, Scott Kramer, Bob und Harvey Weinstein; Musik: Jacques Davidovici; Kamera: Steven Soderbergh; Schnitt: Sarah Flack; Visuelle Effekte: Carl S.G. Moore

mit David Duchovny (Bill/Gus), Nicky Katt (Hitler), Catherine Keener (Lee), Mary McCormack (Linda), David Hyde Pierce (Carl), Julia Roberts (Catherine/Francesca), Blair Underwood (Nicholas/Calvin), Enrico Colantoni (Arty/Ed), Erika Alexander (Lucy), Tracy Vilar (Heather), Brandon Keener (Francescas Assistent), David Alan Basche (Nicholas Agent), Brad Rowe (Sam Osbourne)

Internet Movie Database (de/us)
Offizielle Homepage (Buena Vista de)
Trailer (Buena Vista de)

Sitzen Sie erste Klasse? - Nein! - Sie müssen sagen: "Nein, ich sehe nur so aus! - Arty und Linda am Flughafen

Plot: Eine Journalistin namens Catherine (Julia Roberts) ist dabei, einen Artikel über den farbigen Schauspieler Nicholas (Blair Underwood) zu schreiben, der gerade mit Brad Pitt (er selbst) einen Film dreht. Jemand ruft "Cut!" - Stephen Soderbergh selbst in einem kurzen Cameo-Auftritt. Scheinbar entspinnt sich eine Backstage-Story über Roberts & Underwood mit Soderbergh & Pitt in den Nebenrollen - doch weit gefehlt!
Nach Drehschluss sind die beiden einfach die Schauspieler Francesca und Calvin, wiederum dargestellt von Roberts / Underwood. Doch eigentlicher Kern des Films ist die Geburtstagsparty des Filmproduzenten Gus (David Duchovny) und das Leben der geladenen Gäste. Neben Francesca und Calvin sind das u.a. der Filmjournalist Carl (David Hyde Pierce - bekannt als Dr. Niles Crane aus der TV-Comedy-Serie Frasier) und seine Frau Lee (Catherine Keener) sowie deren Schwester Linda (Mary McCormack), die Masseurin. Und dann gibt es da noch das abstruse Bühnenstück um Hitler (Nicky Katt), inszeniert von Arty (Enrico Colantoni) - der allerdings nicht zu der Party eingeladen ist.

Kritik: Der Plot klingt verworren? Das ist noch gar kein Ausdruck. Der Film springt wild hin und her - zwischen dem "Film im Film" um Catherine und Nicholoas, gedreht in professioneller Hollywood-Qualität, und all den anderen Handlungsfäden, aus der Hand gefilmt in Super-8. Da gibt es die die überkandidelte Managerin Lee und ihren farblosen Ehemann Carl, Linda und ihr Liebesleben, Arty und seine Hitler-Inszenierung - und nach und nach beginnen die Spaghetti sich zu einem merkwürdigen Klumpen zu verflechten.

Es ist schon richtig: Letztlich haben alle Teilhandlungen irgend etwas miteinander zu tun, aber mitunter wirklich auch nur die Nuance einer Nuance. Und bis man das im Detail herausfindet, sind mehr als 4/5 der 101 Minuten vergangen.
Jedenfalls sitzt man 95% des Films vor verrauschten, verwackelten Bildern und fragt sich, was das alles soll. Versuchen wir es mal so: Durch den klischeehaften Film im Film kritisiert Soderbergh scheinbar die dünne Handlung der üblichen Hollywood-Produktionen. Gleichzeitig hält die Backstage-Handlung um Filmproduzent Gus & Co. der Hollywood-Industrie nochmals strukturell den Spiegel vor. Wir erfahren auch noch, dass überkandidelte Managerinnen trotz außerehelicher Affäre nicht glücklich sind. Und wir lernen anschaulich, dass man besser keine Hasch-Brownies bäckt und dann übereilt das Haus verlässt, weil der Hund es trotz der kurzen Beine auf die Anrichte hinauf schafft. Denn es ist extrem schwierig, der Tierärztin hinterher zu erklären, warum das Tier total auf Dope ist.
Die allseits propagierte These, Voll Frontal sei der inoffizielle zweite Teil von Sex, Lügen und Video von 1989, ist weder wahr noch falsch. Nun gut: Soderbergh hat mal wieder einen abstrusen Kunstfilm abgeliefert, und als solchen sollte man ihn auch bewerten. Aber wer schon in Sex, Lügen und Video oder Solaris den (jeweils durchaus vorhandenen) roten Faden nur schwer finden konnte, steht bei Voll Frontal nun definitiv im Wald. Ehrlich gesagt: Einen Genre-Mix aus Kunstfilm, Sozialdrama und Parabel in Retro-Optik kann man wirklich auch übertreiben.

Fazit: Sorry, definitely does not compute. Wer schlussfolgert, Steven Soderbergh + Julia Roberts = Erin Brockovich = guter Film, ist auf dem Holzweg. 3 von 10 aus dem Glas getrunkenen Bieren

Gero Zahn
18.07.2003

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