Jarhead - Willkommen im Dreck
Drama/Action, USA 2005, 122 Minuten, ab 12
Originaltitel: Jarhead; Deutschlandstart: 05.01.2006 (UIP); Regie: Sam Mendes; Produktion: Bobby Cohen, Lucy Fisher u.a.; Drehbuch: William Broyles Jr. nach der Vorlage von Anthony Swofford; Musik: Thomas Newman; Kamera: Roger Deakins; Schnitt: Walter Murch

mit Jake Gyllenhaal (Swoff), Scott MacDonald (D.I. Fitch), Lo Ming (Bored Gunny), Kevin Foster (Branded Marine), Peter Sarsgaard (Troy), Damion Poitier (Poitier), Riad Galayini (Krankenschwester), Craig Coyne (Der junge Mr. Swofford), Katherine Randolph (Die junge Mrs. Swofford), Rini Bell (Swoffs Schwester), Dendrie Taylor (Mrs. Swofford), James Morrison (Mr. Swofford), Arman Zajic (Swoff als Kind), Brianne Davis (Kristina), Jamie Foxx (Staff Sgt. Sykes) u.a.

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Okay, Swofford. Blas den Weckruf. - Oh, ich hab aber kein Horn, Staff Sgt. ... Ich hab kein Horn. - Oh, nein! ... Dann trompetest du mit dem Mund. - Was? - Ich sagte, trompete es mit deinem verdammten Mund! ... - Swoff macht Bekanntschaft mit Staff Sgt. Sykes.

Plot: Basierend auf dem autobiographischen Roman von Anthony Swofford, der 1991 selbst im Irak gekämpft hat, erzählt Jarhead die Geschichte eines jungen GI´s und untersucht dabei die psychischen Auswirkungen des militärischen Alltags auf die Soldaten.
Wir schreiben das Jahr 1990, und für all jene Zuschauer die es sich kaum vorstellen können, wie es damals so gewesen ist in der Welt, sei kurz zusammen gefasst: Im Nahen Osten kriselte es gewaltig, der US-Präsident hieß Bush, und das Leben im Ausbildungscamp der Armee war kein Zuckerschlecken. Anthony (Jake Gyllenhaal) hat es wohl eher zufällig zu den Marines verschlagen. So ist er, wie er sarkastisch bemerkt, auf dem Weg zum College irgendwie verloren gegangen. So richtig heimisch fühlt er sich zumindest nicht im Kreise der lagerkollergeschädigten GI´s. Die erniedrigenden Schikanen des Vorgesetzten und der stupide tägliche Drill des Ausbildungslagers lassen sich mehr schlecht als recht mit der Lektüre von Camus´ „Der Fremde“ kompensieren.
Nachdem der Irak sein Nachbarland Kuwait überfallen hat, wird Anthonys Einheit nach Saudi Arabien verlegt, um einem möglichen Angriff Husseins vorzubeugen. Es beginnt eine schier endlose Zeit des Wartens auf den Ernstfall. Der gewöhnliche Tagesablauf besteht aus Masturbation, Gewehrreinigen, endlosen Diskussionen, gelegentlichem Footballspielen im Wüstensand und, nicht zu vergessen, erneuter Masturbation.
Als der amerikanisch-irakische Krieg schließlich ausbricht, kommt er den apathiegeplagten Soldaten wie eine Erlösung vor. Und doch, man mag es nicht für möglich halten, der Krieg stellt sich als etwas gänzlich Anderes heraus, als man erwartet hatte.

Kritik: Jarhead hat eine ganze Reihe von Assen im Ärmel: eine packende literarische Bestseller-Vorlage, ein angesehener Regisseur (Sam Mendes drehte unter anderem American Beauty), eine sehr ordentliche Schauspielerbesetzung (neben Jake Gyllenhaal in der Hauptrolle sind noch Peter Sarsgaard, Chris Cooper und ein sehr charismatischer Jamie Foxx zu bewundern), und einige echte Cracks für die technische Umsetzung. So gelingt es Kamera-Ass Roger Deakins, einige beinahe surreale Bilder grausamer Schönheit (brennende Ölquellen und ein einsam umherirrendes Pferd inmitten einer Wüstenwildnis) auf die Leinwand zu zaubern, während Walter Murch, ein alter Veteran der Montage (er schnitt unter anderem Apocalypse Now), dem Film ein rasantes Tempo verschafft. Untermalt wird das alles mit einem effektvollen Soundtrack, der äußerst lakonisch eingesetzt wird und den ironischen Ton der Erzählung unterstreicht.

Das eigentliche Problem von Jarhead ist jedoch, dass er keinen originellen Einfall hat. Vom Drangsal des Ausbildungslagers (das ähnlich in Szene gesetzt ist wie in Kubricks Full Metal Jacket) über die zermürbende Zeit des Lagerkollers hin zum plötzlichen Kriegsausbruch, der die Soldaten in eine granzwertige Situation katapultiert, die nichts mit den vorangegangen John Wayne-Phantasien Marke „Treten wir Saddam in den Arsch!“ zu tun hat. Einige der Aussagen, die der Film zu treffen hat, laufen auf die Feststellung hinaus, dass „Kriege alle gleich sind, und zugleich verschieden“, und dass die Soldaten den Krieg im späteren Alltagsleben nicht so einfach werden abschütteln können. Ach ja, und Soldaten sind durstig nach Action, vor allem wenn sie so lange drauf warten müssen. Das sind alles in allem recht magere „Erkenntnisse“, und so ließen mich zwei Eindrücke den ganzen Film über nicht los: Erstens habe ich das alles schon einige Male so oder so ähnlich gesehen, und zweitens ist der Film bei aller filmischen Könnerschaft furchtbar banal, da er noch die trostlosesten Ereignisse angenehm konsumierbar macht.
Sam Mendes sagte selbst, er habe keinen Anti-Kriegsfilm drehen wollen, sondern eher einen psychologischen Film. Zwar ist es durchaus legitim, den politischen Hintergrund, der einen Krieg ja erst historisch erklärbar macht, auszuklammern und sich stattdessen auf die Psychostudie der Soldaten im Kriegszustand zu konzentrieren, nur gibt es natürlich eine ganze Reihe von Filmen, die das bereits – und letztlich weitaus eindringlicher, weil schmerzhafter – getan haben. Auch Full Metal Jacket und Apocalypse Now sind weniger Studien des Vietnamkrieges im Speziellen, als vielmehr psychologische Untersuchungen.
In einer Szene im Ausbildungscamp wird den Soldaten Coppolas Apocalypse Now vorgeführt, und wir sehen die berühmte Szene des mit Wagners „Wallkürenritt“ unterlegten Angriffs amerikanischer Hubschrauber auf ein vietnamesisches Dorf. Die Soldaten jubeln und erfreuen sich an der berauschenden Wirkung der Inszenierung. Was jedoch völlig untergeht, ist die Ambivalenz dieser speziellen Szene, in der Coppola den Hubschrauberanflug in einer Parallelmontage mit den Bildern verängstigter vietnamesischer Kinder auf dem kleinen Dorfschulhof kontrastiert und somit das ganze militärische Pathos und die aufgeblähte Erhabenheit des „Walkürenritts“ auf eine brilliante Art und Weise als mörderisch entlarvt. Vielleicht wäre es auch zuviel verlangt, aber in Jarhead gibt es nichts, was der Ambivalenz dieser Szene aus Apocalypse Now auch nur entfernt nahe kommen würde.
Es mag Mendes Intention fern gelegen haben, aber wenn Swoffords Sergant (gespielt von Jamie Foxx) gegen Ende vor der Silhouette der brennenden Ölquellen offenbart, er liebe diesen Job und danke Gott für jeden Tag im Marine Corps, dann sucht der Zuschauer vergebens nach Ironie und muss einmal mehr einsehen, dass es wohl äußerst schwierig ist einen Kriegsfilm zu drehen, ohne den Krieg insgeheim, wenn auch unbeabsichtigt, zu glorifizieren. Vor allem dann, wenn er so glatt und gefällig abgespult wird wie Jarhead.

Fazit: 4 von 10 an der eigenen Belanglosigkeit gescheiterte Kriegsstudien!

Dominik Rose
06.01.2006

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War okay8%
Gut8%
Sehr gut7%
Absolut hervorragend10%
Bester Film aller Zeiten10%

571 Stimmen
Schnitt: 4.9
cgi-vote script (c) corona, graphics and add. scripts (c) olasch

Leser-Kommentare:
mayoar (23.01.06): Der Anfang ist von Full Metal Jacket geklaut, das merkt jeder gleich und ist erst mal enttäuscht. Dann wird der Film aber trotzdem noch besser als erwartet. Vor allem die Kommentare des Erzählers sind teilweise witzig, teilweise regen sie zum Nachdenken an, gute Mischung eben. Leider macht er sich wirklich nicht deutlich genug zum ANTI-Kriegs-Film. Er beschreibt zwar schön die Warterei ,die die Rekruten (auch den Hauptdarsteller) mürbe macht, und die von der Army auferlegte Zensur und das Problem der langen Getrenntheit von Freundin/Frau, aber der Krieg an sich wird nicht so richtig schlimm dargestellt. Die meisten Charaktere sind auch wirklich zu schwach herausgearbeitet. Aber der Film hat Witz, Action, Spannung und Potenzial zum NAchdenken, deshalb erhält er von mir >b> 7 von 10 Punkten .
jo (22.01.06): @Objektivator: Der Film ist eine einzige Überzeichnung. Dumm nur, dass man das alles schonmal gesehen hat.
Sam Diamond (17.01.06): Meiner Meinung nach wird der Film von den meisten völlig unterbewertet, da ihm z.B. eine klare Botschaft aberkannt wird, die der Film vielleicht überhaupt nicht vermitteln will. Sam Mendes schildert hier den Golfkrieg aus Sicht eines einzigen Soldaten und dessen Erzählungen, die er in einem Buch niedergeschrieben hat. Er begeht garnicht erst den Versuch, etwas wertendes in den Film reinzuquetschen, da es in seinen Film nicht hineingehört. Hier geht es nicht darum, dass der Golfkrieg "böse" war und/oder es eine gute Entscheidung war, in den Irak einzumarschieren oder nicht, sondern lediglich um den Alltag der Soldaten, die in den Golfkrieg verwickelt waren anhand eines Beispiels. Und das ist auch gut so, denn es ist ihm ausgezeichnet gelungen. Wie bereits erwähnt, legen Peter Saarsgard und Jake Gyllenhaal neben Jamie Foxx eine sehr glaubwürdige und gute schauspielerische Leistung hin und machen damit Sam Mendes (dazu kommentierte, dass sein Film missverstanden werde, da er mit Kriegsfilmen a la Oliver Stone verglichen wird) neues Meisterwerk komplett. [b]10/10 Fottballspielen in Gasanzügen[/B]
Zinsmeister (16.01.06): Nun, ich kann eure Meinung nicht wirklich teilen. Gut, Jarhead kommt ohne großes Blutvergießen und Hirnfetzen an der Latrinenwand aus, aber muss er deswegen gleich schlechter sein? Ich denke mir, dass ein Krieg im Computerzeitalter genau so abläuft. Ich habe einen guten Freund, der im United States Marine Corps dient und er ist der selben Meinung wie Swoffords Sergeant. Er liebt jeden Tag im Corps. Jarhead soll keine Heldengeschichten à la Animal Mother aus Full Metal Jacket oder Sergeant Barnes aus Platoon zeigen. Jarhead macht uns nur klar, wie jeder Einzelne Soldat den Krieg wahrnimmt. Sam Mendes lässt uns Publikum durchaus noch genügend Raum, uns ein eigenes Bild von der Zukunft der Soldaten zu machen. Deswegen gebe ich 9 von 10 aus versehen abgeschossene Leuchtraketen an Heiligabend.
Objektivator (14.01.06): Der Film ist hervorragend gestaltet und kommt ohne gegliche Überzeichnung aus. Mag sein, dass das den Meckerern fehlt. Augenscheinlich sieht der Rest der Welt das glücklicherweise differenzierter. 8 von 10 Jammerlappen die DEN SCHUSS nicht anbringen durften ...
Olaf (10.01.06): Ja, ich kann mich da Dominik und Sebastian nur anschließen. Ich bin sehr enttäuscht vom neuen Sam Mendes Film, obwohl er eigentlich zu meinen Helden gehört. - Der Film lässt einen einfach kalt. Er bezieht keine Stellung, macht wenig Stimmung, ist nicht emotional. Was er uns eigentlich über den Krieg am Golf oder über die dargestellten Soldaten sagen will, ist mir weitgehend verborgen geblieben. 5 von 10 illegale Alkoholkanister
Sebastian (10.01.06): Ich bin von Jarhead auch nicht sonderlich begeistert und kann Dominiks Aussagen im Prinzip nur unterstützen!
Zunächst das Positive: Gyllenhaal und Sarsgaard haben überwältigend gespielt. Das war's dann aber auch schon! Irgendwie bringt der Film für mich nämlich nicht das rüber, was er meiner Meinung nach rüberbringen sollte. Er ist mir viel zu wenig ANTI-Kriegsfilm. Es wird sich hier leider nicht deutlich genug gegen den Krieg im allgemeinen und den Irak-Krieg im speziellen ausgesprochen. Gut, hier und da kommen dann mal kriegs- und kriegshintergrund-kritische Bemerkungen, die aber zu oberflächlich bleiben und nicht durch passende Bilder vertieft werden. Gerade die Darstellung des Krieges und der Opfer ist hier nicht drastisch genug und lässt einen viel zu kalt und unbeteiligt.
Man hat das in diversen früheren Anti-Kriegsfilmen schon wesentlich besser gesehen. Und im Vergleich mit den ganzen Klassikern der Anti-Kriegsfilme ist Jarhead um Längen schlechter.
Der Film lässt einen zum größten Teil kalt und er ist langatmig bis sogar langweilig erzählt. Das liegt natürlich daran, dass im Irak-Krieg hauptsächlich Warten und Männlichkeitsrituale in der Wüste angesagt waren, aber das braucht man dann nicht über zwei Stunden zu zeigen.
Ein weiterer Punkt, der mich stört, ist die zu sehr aus einem Blickwinkel (von Swofford) geschilderte Handlung. Das ging aufgrund der Romanvorlage nicht anders, ist mir aber eine zu einseitige Darstellung und lässt die anderen Charaktere zu oberflächlich.
Und dann diese pseudo-künstlerischen Bilder zum Ende. Das mit den brennenden Ölquellen brachte ja noch die bizarre, surrealistische Schönheit rüber. Aber das Pferd war vollkommen überflüssig und unpassend.
Nein, der Film bringt mir nicht deutlich genug die Schrecken, die Überflüssigkeit und die Irrationalität des Krieges rüber. Wirklich nachdenkende Menschen wissen natürlich, was der Film zeigen soll und was gemeint ist. Das ist aber nur ein Teil der Zuschauer! Die anderen könnten den Film schnell falsch verstehen. Wie z.B. so Leute, wie die Mädels, die hinter mir saßen und dann bei der Pferdeszene ein "Uuiiih, Pferdchen!" verlauten ließen! *schüttelt den Kopf*
Ich gebe 5,5 von 10 auf Kommando geleerte Wasserflaschen.

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