Wir
sollten uns organisieren. Ja, wir sind viele. Wir sind gut genährt
und wir sind kräftig. Wir könnten kämpfen. Wir haben
Werkzeug. - Mit einem Retouchiermesser? Gegen eine SS-Kompanie? - Ja,
bevor sie uns ins Gas schicken. - Lieber morgen ins Gas als heute sinnlos
erschossen werden. Ein Tag ist ein Tag. - Burger möchte einen
Aufstand organisieren.
Plot:
Deutschland 1944: Salomon Sorowitsch (Karl Markovics) ist Fälscher
von Weltklasseformat, wobei er sich im "Alltag" auf Pässe
spezialisiert hat. Seine Kunden sind zumeist andere Juden, die das Land
verlassen wollen. Doch eines Tages wird er verhaftet und kommt ins KZ.
Aber Salomon hat dort von Beginn an den richtigen Riecher und verschafft
sich durch seine Zeichenkunst zunächst Sonderbehandlung. Doch dann
erfahren die Oberen von seinen Künsten und er wird ins Lager Sachsenhausen
verlegt, wo er für die Nazis das britische Pfund fälschen
soll.
Durch seine Arbeit erreicht er für sich und seine Mitgefangenen
schließlich sogar eine Luxusbehandlung, die weit entfernt ist
von jedem traumatischen KZ-Alltag. Während Salomon mit nur geringfügigem
Widerstand kooperiert und nur an seinem eigenen Leben und Überleben
interessiert ist, versucht sein Häftlingsgenosse Adolf Burger (August
Diehl), die Fälscher dazu zu motivieren, Widerstand zu leisten.
Denn die erfolgreiche Arbeit würde sich massiv auf das Kriegsgeschehen
auswirken und den Nazis möglicherweise zum Sieg verhelfen. Somit
geht es hier nicht nur um die kleine Gruppe, sondern auch um das Schicksal
tausender anderer.
Doch seine Meinung findet kein Gehör, da niemand bereit ist, sein
Leben auf’s Spiel zu setzen - besonders, wo doch das „normale“
KZ-Leben nur eine dünne Holzwand weit entfernt ist. Doch dann will
der KZ Führer Herzog (Devid Striesow) auch noch den Dollar haben,
womit sich alles ändert. Nun muss sich Salomon fragen, ob er die
Aufgabe nur aus Überlebenswillen erfüllen will oder ob es
nicht in Wahrheit um sein Prestige-Denken geht.
Kritik:
Stefan Ruzowitzky, der 2000 mit Anatomie den
Slasherfilm a la Scream nach Deutschland brachte, hat hier
nach einer wahren Geschichte einen KZ Film der etwas anderen Art gedreht:
Hier geht es mal nicht um den Horror des KZ-Lebens, sondern um menschliches
Verhalten in privilegierten Positionen. Wer etwas hat, ist kaum bereit,
dies aufzugeben und noch weniger, selbst etwas für andere zu riskieren,
besonders, wenn über dem eigenen Schicksal immer noch ein Damoklesschwert
hängt.
Karl Markovics spielt überzeugend den Eigenbrötler, der zunächst
nur an sein eigenes Leben und später an seinen Ehrgeiz denkt. Erst
als er einen gewissen Status hat, fängt er auch an, andere zu schützen.
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Dagegen
steht August Diehl als das verdrängte Gewissen der Häftlinge,
den als einziges das Wohl der anderen und die größeren Zusammenhänge
bzw. die Auswirkungen des eigenen Handelns mehr interessiert als sein
eigenes Leben.
Tatsächlich könnte man den Film über beinahe vergessen,
dass er im KZ spielt. Da lässt sich
die kooperationswillige Haltung der anderen Häftlinge schon nachvollziehen.
Wären da nicht zwischendurch die Löcher in der Wand, die von
der Erschießung eines Gefangenen auf der anderen Seite herrühren.
Oder auch nur die trotz allem bellenden und, wenn auch eingeschränkt,
sadistischen Wachoffiziere.
Als ein weiterer Aspekt, der hier sehr gut gelöst wurde, sind die
Nazis hier nicht allesamt Sadisten, sondern opportunistische Mitläufer,
die sich in ihrer Banalität selbst entlarven. Ein Punkt, in dem
sich Wächter und Gefangene in diesem Fall letztlich irgendwo gleichen.
Personifiziert in Friedrich Herzog (Devid Striesow – Yella),
der um des eigenen Erfolges Willen wirkliche Freundlichkeit und Menschlichkeit
an den Tag legt, am Ende aber genauso um sein Leben bangt und wimmert
wie vor ihm seine Häftlinge. Sadistisch ist hier nur ein Wachmann
und den hätte man sich beinahe sparen können, denn der Film
hat ihn nicht nötig. Besonders die Szene auf dem Klo und die Erschießung
am Ende wirken überflüssig bzw. wären auch in anderer
Form möglich und wünschenswert gewesen, denn sie fügen
dem Film nur eine unnötige Komponente hinzu.
Wirklich gelungen sind aber die stilvolle Kameraführung und stellenweise
das Sounddesign, die wesentlich zur Stimmung und auch zu Salomons zunehmendem
Konflikt beitragen. Und in drei Szenen geht der Film regelrecht an die
Nieren, als ein Häftling bei der ersten Dusche im „Luxuscamp“
noch glaubt, vergast zu werden und in Panik ausbricht, die sich erst
beim Erkennen des Wassers legt. Auch der Besuch Salomons bei Herzog
zuhause und die Begegnung mit seiner Frau wirken sehr surreal und zeigen
die Entstelltheit der damaligen Welt auf so kurze wie prägnante
Weise.
Im Gedächtnis hängen bleiben dürfte aber hauptsächlich
die Einstellung, in der Salomon einen toten Kameraden nach Auflösung
des Camps über den Hof trägt. Wenn er „Er ist tot“
sagt und die Kamera die Schärfe auf den Hintergrund verlagert,
werden die aus den Fugen geratenen Verhältnisse der Geschichte
mit einem Schlag deutlich.
Fazit: Interessanter
KZ-Film, der kaum etwas mit anderen Themenfilmen gemeinsam hat. In Bezug
auf einige Aspekte durchaus gelungen und sehenswert, ist der Film trotzdem
sicherlich kein Muss, da man abgesehen von der wahren Geschichte nichts
wirklich Neues über die Zeit erfährt. Eine beeindruckende
Charakterstudie über menschliches Verhalten ist es aber in jedem
Fall. 6 von 10 nicht zurück gespielten Ping Pong Bällen.
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