Into the Wild
Drama/Abenteuer, USA 2007, 148 Minuten, ab 12
Originaltitel: Into the Wild; Deutschlandstart: 31.01.2008 (Tobis); Regie: Sean Penn; Produktion: Sean Penn, Art Linson u.a.; Drehbuch: Sean Penn nach dem Roman von Jon Krakauer; Musik: Michael Brook, Kaki King, Eddie Vedder; Kamera: Eric Gautier; Schnitt: Jay Cassidy

mit Emile Hirsch (Christopher McCandless), Marcia Gay Harden (Billie McCandless), William Hurt (Walt McCandless), Jena Malone (Carine McCandless), Catherine Keener (Jan Burres), Vince Vaughn (Wayne Westerberg), Kristen Stewart (Tracy), Hal Holbrook (Ron Franz) u.a.

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Um nicht länger von der Zivilisation vergiftet zu werden, flieht er. Er wandert allein durch das Land und verliert sich in der Wildnis: Alexander Supertramp. - Christopher schreibt in sein Tagebuch.

Plot: Sean Penns Into the Wild basiert auf dem gleichnamigen Reportageroman von Jan Krakauer und greift den wahren Fall eines jungen amerikanischen Aussteigers auf, der Anfang der neunziger Jahre nach einer mehrjährigen Reise kreuz und quer durch Nordamerika in der Tundra Alaskas verhungerte.
Als Christopher McCandless 1990 von einem auf den anderen Tag ohne Abschied oder Nachricht aufbricht, Familie und behagliche Mittelklasse-Existenz zurücklässt und das abenteuerliche Leben eines Tramp aufnimmt, trägt er einige Bücher jener Schriftsteller mit sich, die schon im neunzehnten Jahrhundert, zu Beginn der Industrialisierung, die Sehnsucht eines alternativen Lebens in naturverbundener Ursprünglichkeit ausgedrückt haben: Leo Tolstoi, der ein asketisches Leben führte, der Abenteurer Jack London, der Transzendentalist Ralph Waldo Emerson und Henry David Thoreau, der in "Walden, oder Das Leben in den Wäldern“ von seinem Selbstversuch in der Abgeschiedenheit einer Blockhütte berichtete.
Nachdem McCandless (Emile Hirsch) alle Verbindungen zu seinem bisherigen Leben gekappt hat und sich fortan Alexander Supertramp nennt, beginnt eine zweijährige Odyssee, erst gen Westen und später Richtung Norden, zu seinem eigentlichen Zielpunkt, der Wildnis Alaskas. Auf seiner Reise begegnet er einigen bemerkenswerten Menschen, darunter einem gealterten Hippiepaar (u.a. Catherine Keener), einem impulsiven Farmer mit wildem Herzen (Vince Vaughn), zwei skandinavischen Globetrottern und – besonders eindringlich – einem verzweifelten alten Witwer (Hal Holbrook), der in Chris so etwas wie einen verlorenen Sohn sieht. Doch auch er kann den rastlosen Abenteurer nicht halten- Chris McCandless zieht es weiter fort, in die Einsamkeit, in die Wildnis.

Kritik: Die besondere Qualität von Jan Krakauers äußerst lesenswerter literarischen Vorlage liegt darin, ihrer Hauptfigur alle Widersprüche und offenen Fragen zu lassen, die notwendigerweise bleiben müssen bei einem Menschen, der sich abschottet und die Einsamkeit sucht. Sean Penns insgesamt gelungene und durchaus packende Verfilmung hätte nicht ohne einen glaubwürdigen Hauptdarsteller funktionieren können, der die Leidenschaft und das Fernweh McCandless´ spürbar macht.

Emile Hirsch ist mit aller Leidenschaft dabei und gibt eine beeindruckende Vorstellung, aber sein Chris McCandless ist im Vergleich zum sorgfältig recherchierten Buch Krakauers zu sehr der charmante Sunnyboy, der sich im Handumdrehen die Sympathien des Zuschauers sichern kann. Auch wenn McCandless Charme und seine offene Art sofort ersichtlich sind, stellt sich bei Into the Wild doch die Frage, inwieweit ein junger umgänglicher und unkomplizierter Held überhaupt der Gesellschaft fliehen und die Einsamkeit suchen sollte. Dieser Aspekt wird im Buch weitaus deutlicher, weil Krakauer McCandless eben als ambivalente Persönlichkeit beschreibt, die neben ihren sympathischen Eigenschaften auch unnahbar, menschenscheu und grausam in ihrer moralischen Kompromisslosigkeit sein konnte. Anders als in Penns Film, der vieles im Nachhinein als Reaktion auf ein verkorkstes Elternhaus interpretiert und somit banalisiert, lässt Krakauer bewusst viele Fragen offen und Widersprüche bestehen.
Dass Into the Wild trotz mancher Kritikpunkte trotzdem mitreißendes Hollywood-Kino ist, liegt an der Unmenge an Talent, das vor und hinter der Kamera versammelt ist. Die Besetzung ist bis in die kleinsten Nebenrollen überzeugend, neben Emile Hirsch kraftvoller Performance ragen insbesondere William Hurt als spießbürgerlicher Vater und Hal Holbrook als verzweifelter alter Mann heraus, subtile schauspielerische Leistungen, die mit wenig auskommen, um die Abgründe sichtbar zu machen, die hinter der mühsam gewahrten Fassade klaffen. Die Kameraarbeit ist ebenso virtuos wie die gefühlvolle Musik von „Pearl Jam“- Frontmann Eddie Vedder - Into the Wild ist vor allem ein Fest fürs Auge und Ohr. Und dennoch, nach der x-ten berauschenden Kamerafahrt über weite Naturlandschaften und schneebedeckte Berggipfel, unterlegt von magischen Klängen, regt sich bei mir doch der Zweifel, ob all die inszenatorische Opulenz nicht dem eigentlichen Anliegen von Chris McCandless, der eine asketische Einkehr und ein puristisches Naturerleben gesucht hat, entgegenläuft. In Sean Penns Alaska dominiert Postkarten-Idylle über spiritueller Wahrhaftigkeit. Ohne die unbestrittenen Qualitäten des Films schmälern zu wollen, aber letztlich ist Chris McCandless, so unangepasst er auch gewesen sein mag, medial längst für den Mainstream zurückgewonnen - aber da geht es ihm nicht anders als unzähligen anderen sogenannten „Rebellen“.

Fazit: Packendes, gut gespieltes Hollywoodkino, dessen berauschende Naturbilder ein wenig hinter McCandless spiritueller Vision zurückfallen: 8 von 10 gegrillte Eichhörnchen!

Dominik Rose
03.02.2008

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441 Stimmen
Schnitt: 4.8
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Leser-Kommentare:
PeaceWarrior (09.04.09): Seit langem wieder einmal ein Film, der in die Tiefe geht und einen sehr berührt.
Manu (28.07.08): Der Film zwang mich das Buch zu kaufen. Ich habe nie einen mitreisenderen Film gesehen, der jeden, der das Reisen und die Natur liebt in seinen Bann zieht. Ein Film, der einem das Popkorn beiseite legen lässt um dem herausragenden Schauspieler nicht respektlos gegenüber zu treten. Für die Rolle des Chris hätte es keinen besseren, weder vom aussehen, noch vom spielen des Aussteigers geben können.
adam (22.07.08): ein eindringlicher, poetischer Film - Top
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