Originaltitel: Sieben Mulden und eine Leiche; Deutschlandstart: 17.04.2008 (Neue Visionen); Regie: Thomas Haemmerli; Produktion: Mirjam von Arx ; Drehbuch: Thomas Haemmerli; Musik: Adrian Frutiger, Alexander T. Fähndrich; Kamera: Thomas Haemmerli, Ariane Kessissoglou, Erik Haemmerli; Schnitt: Daniel Cherbuin mit Thomas Haemmerli, Erik Haemmerli u.a. |
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Meine Eltern reisen durch die Welt, sind begütert und führen ein fesches Leben. Wir haben 62 Millionen Franken Schulden sowie 40 Katzen. - Thomas Haemmerli fasst die Situation zusammen. Plot: Ausgerechnet an seinem 40. Geburtstag erfährt Thomas Haemmerli vom Tod seiner Mutter. Mit einer gewissen Unordnung rechnend machen sein Bruder Erik und er sich auf den Weg, das Haus für die Übergabe auszuräumen. Doch was sie vorfinden, übersteigt ihre schlimmsten Befürchtungen und erklärt, warum ihre Mutter seit Jahren keine Gäste mehr hatte: Das Haus ist bis unters Dach vollgestopft und zugemüllt, verdreckt und versifft, trotzt locker einem Jahresvorrat an Mülltüten, ein Durchkommen ist beinahe nicht mehr möglich. Doch anstatt an der bloßen Vorstellung zu verzweifeln, diesem Müllberg Herr werden zu müssen, nehmen die Haemmerlis mit einem sehr breiten Grinsen und einer Videokamera den Kampf auf. Es entwickeln sich zwei Handlungsstränge: Während das Haus immer leerer wird, offenbart sich an altem Filmmaterial und Fotos die Geschichte einer Familie, die langsam im Chaos versank. Kritik:
Der Kölner würde sagen: Es gibt Sachen,
da kannste nur noch drüber lachen! Und genau das tut Thomas Haemmerli
hier mit Herzenslust. Der schweizer Fernsehjournalist, der aus Gewohnheit
stets eine Videokamera dabei hat, fängt genau da an, wo andere
lieber aufhören, wegschauen oder verschweigen, um sich oder die
Familie in kein schlechtes Bild zu rücken. Doch von Haemmerlis
Verwandtschaft ist niemand mehr da, der ein Veto einlegen könnte
und der Mutter kann es auch egal sein. Und genau an dieser Stelle findet
sich der Grund für diesen außergewöhnlichen Dokumentarfilm:
Passieren tut so was oft, nur gezeigt wird es selten, schon gar nicht
in einer solch leichtfüßigen, selbstironischen Art! |
Auf
der einen Seite werden sowohl die Mutter als auch der Vater gnadenlos
in ihrer Instanz als Eltern demontiert (wobei die Brüder nicht
mal vor sich selbst zurück schrecken), auf der anderen Seite wird
auch das komplizierte Leben der beiden, ihre gescheiterte Ehe und der
langsame Verfall der Mutter aufgerollt, die das Wirrwarr ihres Lebens
auf ihr Haus übertrug. Doch selbst wenn peinliche Details offenbart
werden (und ich meine jetzt noch nicht einmal Szenen wie die mit dem
Dildo, an der so mancher Zuschauer aneckte), Haemmerli lacht seine Mutter
zu keinem Zeitpunkt aus: Im Gegenteil, er behandelt sie trotz allem
mit liebevollem Respekt, rechnet lediglich mit ihr und ihrer Vergangenheit
ab, lacht über das Ausmaß der Verwüstung und ihre genial-furchtbare
Art und zeigt gleichzeitig ihren Weg dorthin. Fazit: Ein Dokumentarfilm zum Tränen Lachen und eine Anregung zum Saubermachen, der verdient den Publikumspreis auf dem Dokumentarfilmfestival Duisburg 2007 gewann. Gleichzeitig Gagfeuerwerk und gnadenlose Schocktherapie in einem für jeden Messie und all diejenigen, die in Gefahr sind, welche zu werden. Mit einem breiten Grinsen, sehr viel Humor und Selbstironie fängt Thomas Haemmerli da an, wo die meisten anderen Halt machen würden. Ach ja, und der junge Kofi Annan spielt auch noch mit. 9 von 10 Katzen mit lebenslänglicher Aussicht auf fish-and-chips. |
Nikolas
Mimkes 03.01.2008 |
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