Chinesen
sind wie Kinder, die muss man erziehen. Aber sie fügen sich einer
harten Hand und sind mitunter zu Erstaunlichem fähig. - John
Rabe führt Besuch über das Werksgelände.
Plot:
China 1937: John Rabe (Ulrich Tukur) ist Deutscher, Mitglied er NSDAP
und seit über 20 Jahren Leiter der Siemens Werke in Nanking. In
drei Tagen soll er zurück nach Berlin und seinem Nachfolger das
Werk überlassen. Doch dann greifen japanische Bomber ohne Kriegserklärung
die Stadt an und gehen mit unmenschlichen Methoden gegen die chinesische
Zivilbevölkerung vor. John Rabe lässt sich überreden,
in Nanking zu bleiben.
Zusammen mit dem jüdischen Diplomaten Dr. Georg Rosen (Daniel Brühl),
dem englischen Arzt Dr. Robert Wilson (Steve Buscemi) und der französischen
Lehrerin Valérie Dupres (Anne Consigny) errichten sie eine Sicherheitszone
über einen ganzen Stadtteil, in denen chinesische Flüchtlinge
Zuflucht finden können, ohne von den Japanern behelligt zur werden.
Doch der stillschweigende Pakt zwischen den Deutschen und den Japanern
bewegt sich auf dünnem Eis...
Kritik:
John Rabe, der Held von Nanking. Er rettete
über 200.000 Chinesen das Leben und ist heute so gut wie vergessen.
Der Film setzt ihm ein würdiges Denkmal. Die japanische Regierung
leugnet bis heute das schreckliche Ausmaß des Massakers von Nanking,
bei dem über 300.000 Chinesen systematisch ermordet wurden, von
Vergewaltigungen und Verstümmelungen gar nicht zu reden.
Während in Deutschland der Holocaust voranschreitet und Juden enteignet
und ermordet werden, kämpft John Rabe gegen fast das gleiche Grauen
in China an, ohne zu wissen, was in seiner Heimat vor sich geht. Seine
Mitgliedschaft in der NSDAP ist für ihn nicht bindend. Bei dem
Angriff auf die Siemens Werke durch einen japanischen Luftangriff rettet
eine riesige Hakenkreuzfahne sogar das Leben vieler Chinesen. Da Japaner
und Deutsche verbündete gegen den Kommunismus waren, lässt
John Rabe die Flagge ausrollen und fordert seine chinesischen Arbeiter
sowie deren Frauen und Kinder auf, sich darunter zu verstecken. Die
Japaner registrieren die Fahne des Verbündeten und drehen bei.
Das Zeichen der Diktatur und der massenhaften Judenvernichtung als Lebensretter
– ironischer geht es kaum und auch kaum wirksamer. Die Szene geht
unter die Haut, bleibt im Gedächtnis haften.
Mindestens genauso wie die schreckliche Szene in einem der Gefangenen-Lager,
wo sich japanische Soldaten vor den aufgereihten abgeschlagenen Köpfen
ihrer chinesischen Gefangenen in Pose fotografieren lassen.
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Aber
der Film stellt nicht die Frage nach dem Warum, er zeigt, dass es immer
wichtig ist, Widerstand zu leisten, auch wenn man das Gefühl hat,
gegen Windmühlen zu arbeiten. Am Ende rettet John Rabe viele tausend
Menschen, und das als Mitglied der Partei, die 6 Millionen ermordet
hat. Wieder die leise Ironie des Films.
Ulrich Tukur spielt John Rabe mit viel Hingabe aber leise und unauffällig.
Sein Auftritt ist stets subtil, so als wolle er bloß nicht im
Mittelpunkt stehen, das macht die Figur sympathisch. Sein Unwissen um
das Geschehen in der Heimat ebenfalls.
So muss ihn erst die Figur des Dr. Rosen, gespielt von Daniel Brühl,
darüber aufklären, dass er nach China geflüchtet ist,
weil er jüdischer Abstammung ist und seinem Vater in der deutschen
Heimat deswegen bereits ein Berufsverbot erteilt wurde.
Auch mit dem englischen Arzt Dr. Wilson, sehr lakonisch gespielt von
Steve Buscemi, gerät John Rabe immer wieder aneinander. Aber am
Ende ist klar, es zählt nicht, welchen Titel du trägst oder
in welchem Land du geboren wurdest, allein deine Taten zählen.
Wie man handelt, entscheidet, wer man ist. John Rabe war ein Held, auch
wenn er sich selbst niemals so bezeichnet hätte.
Der Film bietet eine perfekte Ausstattung und ist geschichtlich gut
recherchiert. Selbstverständlich hat sich Regisseur Florian Gallenberger
filmische Freiheiten genommen und Figuren hinzugefügt und aus dramaturgischen
Gründen Szenen geändert. Was ich nicht tragisch finde, es
handelt sich ja immer noch um einen Film und nicht um eine Dokumentation.
John Rabe ist auch ein durchaus spannender Film, sofern man
von den Ereignissen noch nicht viel weiß, was wohl auf den Großteil
der Kinobesucher zutreffen wird. Bis in die kleinste Nebenrolle hervorragend
besetzt zeichnet der Film kein sehr schmeichelhaftes Bild von den japanischen
Invasoren. Dass die japanische Regierung tatsächlich bis heute
das Ausmaß der Tragödie leugnet, spricht für sich. Es
gibt ja schließlich auch immer noch Menschen, die den Holocaust
leugnen.
John Rabe ist schwere Filmkost und wartet mit Bildern auf,
die mitunter nur schwer zu ertragen sind. Das Grauen des Massakers wird
uns in erschütternden Bildern vor Augen geführt. Aber das
muss so sein, denn nur so wird klar, wie verzweifelt und teilweise aussichtslos
der Kampf der vier Protagonisten um das Leben vieler Chinesen gewesen
sein muss. Und doch haben sie sich gegen die Allmacht der Japaner widersetzt
und am Ende immerhin einen Sieg davon getragen.
Fazit: John
Rabe – ein Stück Filmkunst, das man gesehen haben sollte.
Hervorragend inszeniert und bis in die letzte Rolle erstklassig besetzt.
Erschütternd und zum Nachdenken anregend. 9 von 10 leeren
Insulin-Flaschen.
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