Warnung vor einer heiligen Nutte
Drama, BRD/Italien 1971, 103 Minuten, ab 18
Originaltitel: Warnung vor einer heiligen Nutte; Deutschlandstart: 02.04.1992 (WA Basis-Film); Regie: Rainer Werner Fassbinder; Produktion: Peer Raben, Rainer Werner Fassbinder; Drehbuch: Rainer Werner Fassbinder; Kamera: Michael Ballhaus; Schnitt: Franz Walsch, Thea Eymèsz; Musik: Peer Raben

mit Lou Castel (Jeff, Regisseur), Eddie Constantine (Eddie), Marquard Bohm (Ricky, Schauspieler), Hanna Schygulla (Hanna, Schauspielerin), Rainer Werner Fassbinder (Sascha, Herstellungsleiter), Margarethe von Trotta (Produktionssekretärin), Hannes Fuchs (David), Marcella Michelangeli (Margret), Karl Scheydt (Manfred), Ulli Lommel (Korbinian, Aufnahmeleiter), Kurt Raab (Fred), Herb Andress (Coach), Monica Teuber (Billi, Maskenbildnerin), Benjamin Lev (Candy, spanischer Aufnahmeleiter), Gianni Di Luigi (Kameramann)

Filmplakat
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Szenenbild 1 Szenenbild 2

Plot: Irgendwo in einem Hotel in Spanien wartet eine Filmcrew auf das Filmmaterial, den Regisseur und das Geld. Weil alle drei auf sich warten lassen, schlägt man die Zeit tot und versucht, das Beste aus der Situation zu machen.
Schließlich trifft am Morgen der Regisseur (Lou Castel) ein, aber das Filmmaterial ist immer noch nicht da. Also versucht man sich zumindest schon einmal vorzubereiten. Die ohnehin schon von Lustlosigkeit und Genervtheit geprägte Stimmung geht aber nun noch weiter den Bach 'runter, da nun nicht mehr nur der Aufnahmeleiter (Rainer Werner Fassbinder), sondern auch noch der despotische Regisseur ständig jeden anschreit und mit allem und jedem unzufrieden ist.
Und bis endlich die erste Klappe fällt, ereignen sich noch so manche Szene und Krise und nimmt das Drama hinter der Kamera seinen Lauf, so das gerade der Regisseur immer weiter Kraft, Nerven und Mut verliert und eigentlich nur noch alles hinschmeißen will...

Kritik: Sehr, sehr zäh! Als Pendant zu Truffauts Die amerikanische Nacht stellt dieser Film Fassbinders Reflexion als Filmemacher dar. Während bei Truffaut aber die Liebe und die leidenschaftliche Beherztheit beim Filme Machen zum Ausdruck kommen, bei der man gar nicht mehr wegschauen möchte, ist hier genau das Gegenteil der Fall:
Es heißt ja, Fassbinder sei letztendlich an der Filmerei zugrunde gegangen. Und genau so verhält es sich auch mit Jeff, dem Regisseur im Film, den Lou Castel in Anlehnung an das Wesen Fassbinders mimt, während der selbst das Ganze aus der sicheren Entfernung einer Nebenrolle betrachtet: Jeff hält die Dreharbeiten bzw. das Projekt irgendwie aus, ist aber ständig im Begriff, aufzugeben und einfach abzuhauen. Probleme werden nur mit viel Geschrei und Sklaventreiberei gelöst bzw. bewältigt, der Stress ließe sich ohne Alkohol und Zigaretten gar nicht aushalten. Spaß macht das alles keinen, aber durchgestanden muss es trotzdem werden.

Und in dieser Hinsicht, überträgt er seine persönliche Stimmung auch auf den Zuschauer: Denn auch der braucht einen langen Atem und guten Willen, um den Film wirklich bis zum Ende durchzuhalten. Wäre man nicht im Kino, man hätte zwischendurch doch den dringenden Wunsch, mal das Programm zu wechseln.
Soll jetzt aber nicht heißen, dass der Film schlecht sei! Wirklich nicht: Er zeigt nur die Realität, in der anscheinend jedes von Fassbinders hochgelobten Werken ihm ein ums andere mal Magengeschwüre bereitete... Und wie wir mit Truffaut seine Freude am Filmen teilen sollen, sollen wir wohl mit Fassbinder leiden.
Etwas schwer verständlich bzw. nachvollziehbar ist dagegen das gesamte 70er-Jahre-Feeling, das hier gerade im Verhalten der Personen zum Ausdruck kommt. Aber das nur am Rande, denn der Film wurde immerhin 1971 gedreht, so dass man sich soweit schon darauf einlassen muss.
Dennoch: Nur anstrengend ist der Film auch nicht, denn es kommt doch an vielen Stellen Witz durch die Komik der teilweise doch sehr skurrilen Situationen und Personen auf. Und spätestens, wenn man die erste doch sehr zähe halbe Stunde durchgestanden und die Zeit bis zur Ankunft des Regisseurs regelrecht totgeschlagen hat (eine der Grundregeln beim Filmen: 90% der Zeit besteht aus Warten!!!), kommt der Film endlich in Fahrt.

Fazit: Problembewältigung Fassbinders? Oder vielleicht Selbstkritik?
Wie dem auch sei: Dieser Film ist nur Fassbinder- und leidenschaftlichen Kino / Filmfans zu empfehlen, die an einem authentischen Blick hinter die Kulissen interessiert sind. Und der ist, wie anscheinend auch die Arbeit hinter der Kamera, sehr anstrengend. Dennoch werden alle wirklich (und speziell) Interessierten dem Film einiges abgewinnen können!
Einzig und allein der Sinn des Titels bleibt ungeklärt! 8 von 10 Cuba Libre

Nikolas Mimkes
04.11.2003

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