Kinogänger...
In's Kino gehen macht großen Spaß, aber es gibt da eine Sache, die das Filmerlebnis gründlich vermiesen kann. Und das sind die anderen - die anderen Besucher, die einem immer die Sicht nehmen, irgendeinen Lärm machen, Blödsinn reden oder aber irgenwie generell unangenehm sind. Wir wollen nun hier einen kleinen Veruch machen, daß Phänomen lästiger Platznachbarn zu systematisieren.

Der Laser-Yuppie
Der Applaus-o-mat
Der Rezitator
Der superschlaue Kenner
Der Grobmotoriker
Der Wieso-das-jetzt?-Typ
Das Talkshow-Põrchen
Der Steife aus der alten Schule
Der Vorbeuger
Der (Vor-, Nach-)Pubertäre
Die Fummel-Tussie
Der Knoblauch-Typ
Der Selbstspoiler-Maniker
Der Flüssigkeits-Umsetzer
Die Erwachsene
Die Verängstigte
Der Ich-gehe- einmal-in- 20-Jahren- ins-Kino-Typ
Der Ich-habe- das-mit-den- Platzkarten- immer-noch-nicht- begriffen-Typ
Der Nacherzähler
Der Kenner
Der Popkorn-Spezialist
Die Lachwurz
Der Oh-Oh-Typ
Der Ich-lebe- hinterm-Mond- habe-aber-trotzdem- mitbekommen-daß- ein-guter- Film-läuft-Typ
Der Kassenterrorist


Der Laser-Yuppie
Er hat den Laserpointer seines Vaters gestohlen, um damit im Kino wahnsinnig lustige kleine Lichtpunkte auf die Leinwand zu projizieren. Schwer zu ermitteln, wenn jedoch gefunden, an dem blaugehauenen Auge zu erkennen. Die etwas abgeschwachte Version dieser supercoolen Typen hört mit den Lichtspielereien auf, wenn der Film beginnt.

Der Applaus-o-mat
Meist geistig leicht zurückgeblieben. Applaudiert, pfeift und lacht bei Knutschszenen, Massenmassakern, stimmungsvollen Kamerfahrten durch Galaxien oder anderen unpassenden Gelegenheiten als einziger im Saal.

Der Rezitator
Er hat den Film schon mindesten sechzehnmal gesehen und erklärt lauthals, was als nächstes passiert, was als nächstes gesagt wird oder wer als nächstes umgebracht / geheiratet / angeklagt oder zum Leben erweckt wird oder wann eine gelungene Pointe kommen wird.
Von jener Gruppe wurde auch der beliebte Satz kreiert: "Ach das wird total geil jetzt, pass auf" (etwa 100 dbA).

Der superschlaue Kenner
Hat den Film noch nicht gesehen, weiß alles schon vorher und muß seine Mitmenschen UNBEDINGT an seiner Weisheit teilhaben lassen. Egal, ob im " Rosenkrieg" ein lautes "das ist der Hund" bei der Mahlzeit der Roses gerufen wird, oder ob ein völlig offensichtliches "der wird gleich gerettet" zum Nachbarn gebrüllt wird. Der Typ NERVT, egal wie beeindruckend seine Vorhersage ist !

Der Grobmotoriker
Sitzt immer genau hintendran und rammt in regelmäßigen Abständen und zunehmender Wucht seine Knie und/oder Füße an die Lehne des vor ihm liegenden Sessels, so daß man fast aus dem Sitz geschleudert wird. Wird nach Ermahnung meist nur noch schlimmer.

Der Wieso-das-jetzt?-Typ:
Scheint bei den Filmen grundsätzlich an was anderes zu denken und kokettiert dann mit seiner Unwissenheit. Das führt dann dazu, daß er bestimmt nicht mitbekommen hat, daß der Typ, der jetzt in der Blutlache liegt, kurz vorher vor aller (anderen) Augen unter heftiger Teilnahme der Surround- und LFE-Kanäle erschossen wurde. Ergebnis ist dann jedenfalls immer eine ausführliche Erklärung des ihn begleitenden Freundes. Findet man auch häufig unter Nicht-Trekkern, die überredet wurden, in FIRST CONTACT zu gehen, und die keine drei Sekunden warten können, bis ihre Frage, was z.B. Warp, Holodeck, Borg usw. ist, erklärt wird.

Das Talkshow-Põrchen
Wie der Name schon verrät, sind es zwei Personen, die sich während des Films ausführlich und in intellektueller Tiefe über die soeben gezeigten Szenen unterhalten. Alternativ unterhalten sie sich auch über ein anderes Thema ihrer Wahl. Es ist egal, ob es sich dabei um ein Liebespaar oder nur zwei "dicke Freunde" handelt.

Der Steife aus der alten Schule
Lümmeln will gelernt sein. Witzigerweise ist Lümmeln im Kino sogar eine Form der Höflichkeit. Nicht so bei manchem Zwei-Meter-Menschen. Er setzt sich prinzipiell VOR einen und aufgrund seiner guten Erziehung ist es ihm auch nicht gestattet, sich im Sessel zu lümmeln, nein, er muß KERZENGRADE sitzen. Seltsamerweise schaffen es sogar manche kleinwüchsigen Leute, so steif dazusitzen, daß sie einen Teil der Leinwand verdecken.

Der Vorbeuger
Kommt selten vor, aber hin und wieder KOMMT er vor. Er beugt sich, offenbar um die Leinwand besser sehen zu können, nach vorne, anstatt sich im Sessel hinten anzulehnen. Derjenige, der hinter ihm sitzt, hat dadurch IMMER die Silhouette eines Hinterkopfs im Bild.

Der (Vor-, Nach-)Pubertäre
Ein weites Feld und altersmäßig erstaunlich wenig eingeschränkt. Umso weiblicher, umso schlimmer. Darunter fallen die Kicher-Kinder, die bei Szenen mit nur dem geringsten sexuellen Inhalt sofort anfangen zu grunzen und zu lachen. Dabei werden die verschiedenen Protagonisten (zum Beispiel Darsteller, deren Nachname DiCaprio lautet) noch lautstark in "süß" und andere entscheidende Kategorien eingeteilt. Das ist ein weites Feld, darunter fällt freilich auch der Popcorn-Werfer, teilweise auch der Laser-Yuppie (siehe oben), der Typ, der ständig aufs Klo rennt oder im zehnminütigen Takt für Nahrungsaufnahme sorgen muß...

Die Fummel-Tussie
Kaum einfach mal zwanglos ins Kino eingeladen, einfach "just for fun", weil Kino zu zweit oft wegen nachfolgender Gespräche interessanter ist, grabscht sie den harmlosen maskulinen Kinogänger kurz nach Verdunkelung an, wirft sich ihm in den Arm (der dann sofort mangels Blutzirkulation einschläft), zeigt nicht das geringste Interesse für den Film, verlangt gleiches von dem Partner und reagiert mit völligem Unverständnis, wenn der Ärmste hin und wieder seine Aufmerksamkeit dem Film widmet.

Der Knoblauch-Typ
Er war mit seinen Kumpels zur Einstimmung auf den schönen Filmabend vorher noch in einem Restaurant, das Knobi in die Speisen tut. Da hilft das größte Kino nichts. Netterweise bieten nun manche Kinos als Kino-Knabberei nicht nur ungefährliches Popcorn, sondern auch Mais-Chips mit einer Knoblauchtunke an, die dann selbst einem Knoblauch-Fan wie mir den Atem raubt.

Der Selbstspoiler-Maniker
Fragt unentwegt, warum was wie geschehen wird und wie es jetzt weitergeht. "Kommt der jetzt?", "Ist der tot?", "überlebt der?", "geht der jetzt?"... Die niedrige Intelligenz dieser "Frager" zeigt sich oft daran, daß sie diese Fragen auch dann stellen, wenn man den Film selbst noch gar nicht gesehen hat. Die Leute sind so versessen darauf, sich selbst zu spoilen, daß sie dann auch mit absolutem Unverständnis reagieren, wenn man diese Fragen grundsätzlich NIE beantwortet.

Der Flüssigkeits-Umsetzer
Er zeichnet sich durch einen enormen Flüssigkeitsumsatz aus. In jeder Vorstellung muß er sowohl mehrfach Flüssigkeit, meist in Form von Bier, heranholen, als auch diese in Form körperlicher Abfallprodukte wieder wegbringen. Dabei scheint er es zu genießen, daß er sich zwischen den Reihen durchschlängeln muß und dabei die anderen Kinogänger dazu zwingt, ihm Platz zu machen. Die Häufigkeit des Auftretens dieses Typs ist umgekehrt proportional zum Sitzreihenabstand, denn wo genug Platz ist, macht das Stören weniger Spaß.

Die Erwachsene
Meist eine Dame etwas erwachsenen Alters, die bei jeder Szene, die irgendwie erotisch, erschreckend oder was auch immer ist, jedesmal einen deftigen Stöhner abgibt, als ob sie sich in der Brunftzeit befindet und auch jeden mit ihren großartigen Weisheiten ("bei einer Körpertemperatur von unter 26 Grad hört das Herz auf zu schlagen..." - als ob man nicht sieht, daß da ein Haufen Wasserleichen rumtreibt, bei welcher Temperatur sie dann genau gestorben sind ist dann ja wohl eher egal). Und das ewige "Leonardo, was ein Mann, haaaaaach, <kicherkicher>, und die Frau 2 Sitze weiter und, und, und..."

Die Verängstigte
Hält sich bei fast jeder Szene, wo's spannend/gruslig/sonstwas werden könnte, die Hände vor's
Gesicht, klammert sich an ihren Freund/Ehemann, bibbert rum, kreischt bei Schrecksekunden laut auf (sodaß sich alle anderen darüber mehr erschrecken, als über den Film), kriegt so nur die Hälfte des Filmes mit, fand ihn aber danach "unheimlich spannend".

Der Ich-gehe- einmal-in- 20-Jahren- ins-Kino-Typ
Lacht bei der Langnese-Reklame (ja, sogar bei der, die am Strand spielt und Mitte der 80er zum erstenmal gezeigt wurde) und macht in der Pause zwischen Werbung und Film entweder den immer wieder lustigen Scherz "So, Schatz, jetzt ist der Film zu Ende, jetzt können wir gehen" oder meckert darüber rum, wie lange doch die Werbung sei, das könnte doch gar nicht sein, das sei ja schrecklich. Stört dann später im Film aber immerhin nicht überdurchschnittlich, leider ist es aber höchstwahrscheinlich, daß er sich in einem Kino mit vernünftiger Ton-Anlage beschweren wird "Das ist viel zu laut !".

Der Ich-habe- das-mit-den- Platzkarten-immer- noch-nicht- begriffen-Typ
Setzt sich in einem Kino mit Platzkarten am vollsten Tag beim beliebtesten Film auf den falschen Platz. Fängt dann beim Eintreffen der richtigen Karteninhaber langwierig an, zu diskutieren. Meist steht er genau dann endlich auf, wenn der Film schon angefangen hat. Und Du kannst wetten, daß es _genau_ vor _Dir_ passiert.

Der Nacherzähler
Wiederholt nach spannenden Szenen nochmal lauthals, was gerade für alle deutlich sichtbar auf der Leinwand passiert ist, meist lautstark begleitet von blödem Lachen: "Höhö - Bumm - voll explodiert der Todesstern...".

Der Kenner
Erklärt seinen unwissenden Freunden zB bei Terminator2 oder Zurück in die Zukunft2 erst WÄHREND des Films den ersten Teil ganz ausführlich. Ähnlich schlimm auch bei Originalfassungen der Typ, der für seine Freundin simultan übersetzt.

Der Popkorn-Spezialist
Sucht jedes Popkorn vom Grund der Tüte und zerdrückt es genüßlich mit der Zunge bei offenem Mund. Und das ganze in so großen Abständen, da es für den ganzen Film reicht. Ist eigentlich ein guter Surround-Effekt, wenn es zum Film gehören würde...

Die Lachwurz
Findet schon die megaschlechte Zisssssch-Werbung und den Vorspann urkomisch. Lacht (eher: brüllt) Dir bei jedem noch so kleinen Gag voll ins Ohr. Kann sich kaum im Sitz halten, zappelt ständig vor, zurück, links, rechts. Kichert noch lauthals, wenn der Gag schon lange vorbei (und der Rest des Kinos schon wieder still) ist. Lacht immer genau so laut und lange, daß man den Dialog direkt nach dem Gag garantiert nicht mitkriegt. Zwischenrufe wie "super!" oder "das gibt's doch nicht!" sind obligatorisch.

Der Oh-Oh-Typ
muß ganz kurz, bevor etwas entscheidendes passiert - die Kugeln fliegen dem Helden schon zu / das Auto hängt schwankend über dem Abgrund / das Seil beginnt langsam zu reißen und sich aufzulösen / eine Frau wird von 10 schmierigen Typen umzingelt und jeden Moment überfallen / etc. etc. - mit einem lauten "Oh-Oohh" das ganze Kino darauf aufmerksam machen, daß es gleich zur Sache geht.
Wahrscheinlich ist er/sie nur besorgt, daß auch ja keiner einen Herzinfarkt oder ähnliches bekommt, ob der irrsinnig plötzlich eintretenden Todesspannung. Ist meist eben auch dem jungen postpubertären, pseudointellektuellen Publikum zuzuordnen, das selbst ganz erschrocken ist, im Kino plötzlich größere Spannung vorzufinden als zuhause in der Sesamstraße und allen mitteilen möchte, daß er im Film gut aufpasst.

Der Ich-lebe- hinterm-Mond- habe-aber-trotzdem- mitbekommen-daß-ein- guter-Film-läuft-Typ
Der will zum Beispiel bei TITANIC (wo es nun wirklich die Spatzen von den Dächern pfeifen, daß es da wahnsinnig zugeht) eine Stunde vor Vorstellungsbeginn noch Plätze in der letzten Reihe Mitte reservieren (wieso weiß ich nicht, da das ja eh nicht die besten Plätze sind...) und wundert sich dann, daß dies (seit Tagen schon) nicht mehr möglich ist. Hat er vielleicht doch schon einen ganzen halben Tag vorher eine Reservierungsnachricht (auf dem AB) hinterlassen, ist er an der Kasse ganz entzetzt, daß sich seine reservierten Plätze "ganz vorne" in der Mitte des Saales befinden, worüber man natürlich jetzt erst mal ausgiebigst diskutieren sollte...
Die Lernfähigkeit bei diesem Typ konnten wir leider noch nicht auf längere Zeit prüfen - aber es zeichnet sich im Allgemeinen keine ab. Da wäre halt manchmal ein einfaches "Hmm - war ich wohl zu spät dran und das nächste Mal bin ich schlauer" angebracht als lange Diskussionen... Denn "der frühe Vogel fängt den Wurm".

Der Kassenterrorist
Der Kassenterrorist steht grundsätzlich vor mir an der Kinokasse, 30 Sekunden bevor der Film beginnt. Obwohl wir schon mindestens 30 min in der Schlange wartet, weiß er immer noch nicht, in welchen Film er will / in welchem Kino sein Film läuft. Besonders ärgerlich im UFA-Palast oder sonstigen -plexen mit Kino 1 - 97. Kommt er endlich zu Stuhle und weiß, wo er hin will, beginnt er eine Grundsatzdiskussion mit dem Kassierer / der Kassiererin:

  • "Wieso vergeben Sie meinen Stammplatz an andere ?"
  • "Ist wirklich nichts mehr frei? Schauen Sie doch nochmal!"
  • "Wieso bekomme ich als 95jähriger, katholischer, verheirateter Priester mit 10 unehelichen Kindern keine Ermäßigung ?"
  • "Ich bin Student der Veterinärmedizin im 26. Sylvester, ohne Studentenausweis. Im Kino X in Y bin ich aber immer für DM 5.- auch ohne Ausweis 'reingekommen!"
  • "Wieso ist das denn hier so teuer ? Bei meinem letzten Film 1965 in Castrop-Rauxel legte ich 3 DM hin und bekam noch was raus !?"


"Manchmal wünscht man sich einen Kinoschein, der einem die Reife bezeugt im Kino sitzen zu können, ohne seine Mitmenschen zu stören." -- unknown

"Das Schlimmste am Kino ist, daß auch andere reindürfen." -- trad.

gesammelt in de.rec.film.misc
von Veit Weimann

  

   

© Augenblick! 1998