Memento

Thriller, USA 2000, 113 Minuten, ab 16
Originaltitel: Memento; Deutschlandstart: 13.12.2001 (Helkon); Regie: Christopher Nolan; Produktion: Suzanne Todd, Jennifer Todd; Drehbuch: Christopher Nolan; Kamera: Wally Pfister; Schnitt: Dody Dorn

mit Guy Pearce (Leonard "Lenny" Shelby), Carrie-Anne Moss (Natalie), Joe Pantoliano (Teddy), Mark Boone Junior (Burt), Russ Fega (Waiter), Jorja Fox (Catherine Shelby), Stephen Tobolowsky (Sammy Jankis), Harriet Sansom Harris (Mrs. Jankis), Thomas Lennon (Doctor), Callum Keith Rennie (Dodd)

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Trailer (Helkon de)


Ich habe kein Kurzzeitgedächtnis. Ich weiß wer ich bin, ich weiß alles über mich. Ich kann nur... Seit meiner Verletzung da kann ich mir... Ich kann mir nichts merken. Es verblasst alles. Wenn wir zu lange reden vergess ich, womit wir angefangen haben, und das nächste Mal werde ich mich an diese Unterhaltung nicht erinnern. Ich weiß noch nicht mal, ob wir uns überhaupt kennen. Also sollte ich Ihnen ein wenig seltsam erscheinen oder unhöflich oder so was... Wir haben schon mal darüber gesprochen, stimmt's? - Lenny über seinen "Zustand".

Plot #1: Leonard (Guy Pearce) hat seit er niedergeschlagen wurde einen bleibenden Hirnschaden. Sein Kurzzeitgedächtnis lässt ihn im Stich. Er kann sich an alle Gegebenheiten erinnern, die vor seinem Schlag auf den Kopf geschahen, aber an nichts mehr danach. Er vergisst was er Minuten zuvor getan oder gesagt hat, wen er getroffen oder mit wem er gesprochen hat. Deshalb macht er von allem und jedem Polaroid-Fotos. Sein Körper ist sein Notizzettel und somit übersät mit Nachrichten und Hinweisen in Form von Tattoos. Seine Mission: Den Mörder seiner Frau zu finden, der auch ihn niederschlug.
Für ihn ist das Leben ein niemals endender Horrortrip auf der Suche nach der Wahrheit, die für Leonard aus Notizen und Polaroids besteht. Aber kann er dieser Wahrheit wirklich trauen? Auf seine Suche trifft er Teddy (Joe Pantoliano) und Natalie (Carrie Anne Moss) und stellt sich jede neue Minute die gleichen Fragen: Wer von den beiden ist mein Freund? Wem von den beiden kann ich trauen? Wer will mir helfen? Wer will mir schaden? Wer mich benutzen? Die gesamte Suche begegnet er den beiden und kann sich nur aufgrund der Polaroids und der darauf gemachten Notizen an sie erinnern. Werden sie ihm helfen den Mörder zu finden oder sind sie nur Figuren einer großen Verschwörung gegen Leonard?

Kritik #1: Der Film beginnt mit dem Ende. Die ersten Minuten laufen rückwärts. Ein Polaroid wird geschüttelt und verblaßt wieder, verschwindet in der Kamera. Die Kugel einer Waffe wird aus dem Kopf eines Mannes geschleudert und verschwindet wieder im Lauf der Waffe. Der gesamte Film läuft von nun an rückwärts und wird in Kapiteln erzählt, wobei das Ende des jeweiligen Kapitels den Beginn des vorangegangenen einläutet. Verwirrt? Nun, das wird sich nicht wirklich ändern. Ungefähr in der Mitte des Films glaubt man zu verstehen, was abläuft und dann? Dann nähern wir uns wieder mal einer anderen Wahrheit und denken: Mmmmh, könnte ja auch so und so gewesen sein, oder? Wir fühlen als Zuschauer mit Leonard. Denn wir werden hineingestoßen in seinen eigenen entsetzlichen Zustand. Stellt euch vor, ihr wißt schon in den nächsten zwei Minuten nicht mehr was ihr davor getan habt. Ihr erzählt immer den gleichen Menschen die selbe Story, weil ihr euch nicht mehr daran erinnern könnt, dass ihr diesen Menschen schon mal begegnet seit und ihm bereits alles erklärt habt.

Guy Pearce spielt den besessenen Leonard mit ruhiger Überzeugung. Er rastet selten aus, wird hektisch oder panisch. Nur wenn seine eigene Verwirrung, seine beklemmende, ihn immer begleitende Angst zu vergessen ihn übermannt, dann verfällt er der Verzweiflung und der Zuschauer mit ihm. Leonard ist die Verkörperung von Captain Ahab auf der Suche nach dem Weißen Wal, um ihn niederzustrecken, und dazu sind ihm so gut wie alle Mittel recht. Der Zuschauer erlebt sein Drama mit. Seine Frau wird vergewaltigt und ermordet, er wird niedergeschlagen. Das letzte woran er sich erinnern kann: Seine Frau, wie sie vor seinen Augen starb.
Wir beginnen seine Selbstjustiz zu billigen, wollen das er den Mörder findet und hinrichtet. Denn wir würden es vielleicht genau so machen. Wie kann ein Mensch sich ein neues Leben aufbauen, wenn er alles immer wieder vergisst? Wenn er sein vergangenes Drama nicht verarbeiten kann, weil es das einzige ist, an das er sich erinnert?
Die Erzählweise des Films ist gewöhnungsbedürftig, aber stilistisch und filmisch gleichermaßen wertvoll. Wer bei diesem Film nicht von Anfang bis Ende voll konzentriert bei der Sache ist, der kann sofort wieder gehen. Man muss ganz genau hinsehen und noch genauer hinhören. Memento ist ein Film, wo der Zuschauer alle Sinne geschärft haben muss. Denn nicht nur die Hauptperson sucht hier die Wahrheit. Auch die Nebendarsteller Carrie Anne Moss und Joe Pantoliano erzählen ihre eigene Geschichte und auch diese ändert sich ständig. Was ist Wahrheit, was Fiktion?
Der Film beginnt mit dem Ende und der Zuschauer hat ein großes Fragezeichen im Gesicht stehen. Nun erzählt Regisseur Christopher Nolan die Geschichte seines Protagonisten Leonard rückwärts und deckt dabei Stück für Stück das Puzzle auf. Das Fragezeichen in den Gesichtern der Zuschauer wird kleiner, aber auch am Anfang vom Ende ist es noch vorhanden. Denn wir wissen nicht wirklich, was nun genau Wahrheit war und was Fiktion. Ich persönlich glaube es im Großen und Ganzen verstanden zu haben, aber ich werde mir den Film noch ein zweites Mal ansehen, vielleicht entdecke ich ja dann eine andere Wahrheit?!
Leonard sagt im Laufe des Films sinngemäß folgenden Satz, der vielleicht der Leitfaden des Films sein könnte: Jeder Mensch braucht Erinnerungen, durch die er sich selbst definieren kann! Aber hat der Mensch nicht auch die Fähigkeit seine eigenen Erinnerungen zu kreieren, seine eigene Wahrheit zu erschaffen? Vielleicht gibt es aber nur eine Wahrheit, die uns zum Ziel unserer Wünsche führt? Für Leonard jedenfalls ist der Weg das Ziel, oder?

Fazit #1: Wenn Ihr das öde Hollywood-Kino leid seid, dann sitzt ihr hier genau richtig. Endlich ein Film der völlig anders ist und dem Publikum Gehirnaktivität abverlangt. Ungewöhnlich und verwirrend, aber faszinierend anzuschauen. Ich kann nicht beschreiben wie viele Aha´s und Oh´s in meinen Kopf explodiert sind und sich dann plötzlich in Nichts aufgelöst haben. Für diese faszinierende, ungewöhnliche Darbietung eine undurchsichtige Geschichte zu entwirren erhält Memento 9 von 10 Insulin-Spritzen!

Sandra Plich
15.12.2001

Plot #2: Leonard Shelby (Guy Pearce) hat ihn gefunden - den Mann, den er mehr hasst als alles andere im Leben. Ohne nachzudenken nimmt er seine Waffe und tötet ihn. Dabei weiß er noch nicht einmal, wer dieser Mann ist. Oder gar warum gerade er es ist, den er so hasst. Denn Leonard hat ein Problem: Er kann sich nichts merken. Seit seine Frau vor seinen Augen vergewaltigt und ermordet wurde besitzt er kein Kurzzeitgedächtnis mehr. Seinen "Mordbefehl" entnimmt er einer kurzen Notiz auf einem Polaroid-Foto. Dies ist die Art, wie Leonard das Leben mit seiner Behinderung organisiert. Er macht Fotos, schreibt Notizen und lässt sich die wichtigsten Fakten sogar auf den Körper tätowieren. Denn jeden Augenblick könnte er wieder alles bisherige vergessen. Mit diesen Hilfsmitteln ausgestattet machte sich Leonard auf die Suche nach dem Mörder seiner Frau. Doch ist dies wirklich seine Jagd, oder ist er nur die Marionette in dem Spiel eines anderen?

Kritik #2: Memento ist eigentlich ein Thriller. Dennoch liegt ihm eine sehr philosophische Frage zu Grunde. Wird unsere Wirklichkeit nur durch das definiert, was wir wahrnehmen und woran wir uns erinnern? Und wie sehr können wir all dem trauen? Diese Fragestellung, die schon in Klassikern wie Blade Runner, Fight Club oder Die üblichen Verdächtigen verarbeitet wurde, wird hier jedoch auf eine faszinierende, neue Art dargeboten: Memento erzählt seine Geschichte rückwärts! Und nein, damit ist nicht nur eine spätestens seit Tarantino bekannte nichtlineare Storyline gemeint, sondern der Film geht Szene für Szene in der Zeit zurück.
Was sich zuerst vielleicht kurios anhört geht dennoch perfekt auf. Der Zuschauer ist zu Beginn jedes Abschnitts genauso verwirrt wie der Protagonist. Beide wissen nicht im geringsten, wie sie hier her gekommen sind und was sie hier eigentlich wollen. Besser hätte man Leonards Behinderung nicht nachvollziehbar gestalten können. Die vorhergehenden Szenen (also zukünftigen Ereignisse) erscheinen dabei jedesmal in einem völlig neuen Licht. Und man kann einfach nicht anders als wissen zu wollen, was da noch kommen mag (also schon gewesen ist ;-).

Regie-Neuling Christopher Nolan ist es gelungen, sein Publikum auf höchst innovative Weise in den Bann von Memento zu ziehen. Die Story, die übrigens ebenfalls von ihm zusammen mit seinem Bruder Jonathan geschrieben wurde, ist trotz des skurrilen Hintergrundes und der extravaganten Erzählweise solide und nachvollziehbar. Obwohl mit Guy Pearce und Carrie-Anne Moss nicht gerade zwei unbekannte Hollywood-Schauspieler agieren mutet der Film eher wie ein Underground-Projekt an. Gerüchteweise soll Nolan sogar bei Vorführungen seines vielgelobten Debüts Following Spenden für die Realisierung von Memento gesammelt haben. Memento war das Highlight des diesjährigen Fantasy-Film-Festivals.
Auf der anderen Seite hat eigentlich seit Die Neun Pforten kein Film mehr so viel Aufmerksamkeit von seinem Publikum abverlangt wie Memento. Ständig ist der Zuschauer angehalten, auf die vielen kleinen Details zu achten oder sich die Namen von Charakteren zu merken, die einem in dem Film noch gar nicht begegnet sind. Wer jedoch diese Geduld mit in Kino bringt und ungewöhnlichen Erzählweisen aufgeschlossen gegenüber steht wird an Memento seine helle Freude haben. Einen Kultstatus ähnlich den eingangs aufgezählten Titeln dürfte der Film sicherlich erhalten, weswegen ihn sich kein Cineast, der etwas auf sich hält, entgehen lassen sollte.

Fazit #2: Fazit: Fesselnd und experimentell - ein echtes Meisterstück. Wer auf Mainstream-Filme steht sollte allerdings lieber zu Hause bleiben, für alle anderen gibt's 10 von 10 unscharfen Polaroids.

Marcel R. Ackermann
15.12.2001

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Schlechtester Film aller Zeiten23%
Mieserabel7%
Schwach7%
Hatte leichte Schwächen7%
Naja geht so10%
War okay9%
Gut8%
Sehr gut8%
Absolut hervorragend7%
Bester Film aller Zeiten9%

735 Stimmen
Schnitt: 4.8
cgi-vote script (c) corona, graphics and add. scripts (c) olasch


Leser-Kommentare:
Robert (11.04.09): Würde der Film in seiner Erzählweise nicht chronologisch rückwerts laufen, würde er seine komplette Wirkung verlieren und DANN 6 von 10 Tatoos verdienen.
Dan (22.08.03): Habe mir gerade den film zufällig aus dem internet gezogen. muss schon sagen, interessante und geniale art eine eigentlich nicht wirklich spannende geschichte mit dem rückwärtsdreh zum meisterwerk zu machen. leider setzt das menschliche gehirn des zuschauers zu oft ob der unrealen vorgehensweise aus. wir können eben nur das verstehen, was logisch von der vergangenheit über die gegenwart zur zukunft aufgebaut ist. wer den film verstanden hat, der wird ihn faszinierend finden
Merlin (25.12.01): Inhaltlich und vor allem formal überzeugender Thriller der die alltägliche Solidität der Welt untergräbt. Kein Kritikpunkt, ausser vielleicht, dass er für mich den doppelten Eintritt gekostet hat, weil ich ihn mir ein 2tes Mal angesehen hab, um das Konstrukt ein weiteres Mal Revue passieren zu lassen. 9 von 10 Insulinspritzen
Sebastian (18.12.01): Jawoll! Endlich mal wieder ein Film wo der Zuschauer sich durchgängig auf der Film konzentrieren und aufpassen muss. Nicht der gewöhnliche Hollywood-Einheitsbrei, sondern ein Fim, der einen von der ersten bis zur letzten Sekunde fesselt und über den man auch nach dem Kino noch lange nachdenken muss. Und man möchte ihn am liebsten sofort noch einmal sehen, um zu überprüfen, ob auch alles wirklich so stimmt, wie man es verstanden hat. Und ich denke, beim zweiten Mal wird man noch tausend Dinge erkennen, die einen beim ersten Mal gar nicht aufgefallen sind. Ich stimme übrigens mit Olaf darin überein, dass die eigenrliche Genialität des Films das Zusammenspiel von Form und Inhalt ist. Man fühlt sich wie der Hauptdarsteller. Der Film ist ein kleines Meisterwerk und zum cineastischen Kultfilm wird er sowieso werden. Für mich nach "Amelie" der beste Film des Jahres. 9 von 10 Motel-Zimmern (die 10 Punkte nur knapp verfehlt!)
Olaf (17.12.01): @Lars: Ich könnte dir vielleicht noch zustimmen, wenn die Erzählstruktur des Filmes nur eine filmtechnische Fingerübung ohne tieferen Zweck gewesen wäre. (Wie z.B. in "Pulp Fiction", den ich aber auch sehr gut konstruiert fand.) Dies ist aber in Memento nicht so. Der Zuschauer wird faktisch in eine ähnliche Situation versetzt wie der "Held" des Filmes: Er weiß nämlich jeweils nicht, was chronologisch vor dieser Szene passiert ist. Auch das eigentliche Dilemma des Rachefeldzuges von Lenny würde bei einem anderen Handlungsaufbau überhaupt nicht sichtbar werden. - Die eigentliche Genialität dieses Filmes besteht gerade darin, dass Form und Inhalt so fantastisch zusammen passen. Und das noch auf eine intellektuell sehr sehr ansprechende Art. 9 von 10 zuverlässige Fakten
Lars Haller (17.12.01): Wie ich es schon befürchtet hatte, bin ich wohl wieder mal der einzige Mensch, der diesem Film nichts abgewinnen kann, genau wie bei "Pulp Fiction". Der Erzählstil (rückwarts) ist in meinen Augen für einen Film sehr ungünstig. Durch ständige Verwirrungen wird man vom Kern abgelenkt und vergeudet die Aufmersamkeit an Dinge, die Fünf Minuten später schon wieder unwichtig sind. von mir gibt es nur 6 von 10 Tatoos
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