Elephant
Drama, USA 2003, 81 Minuten, ab 12
Originaltitel: Elephant; Deutschlandstart: 08.04.2004 (Kinowelt); Regie: Gus Van Sant; Produktion: Diane Keaton, Bill Robinson, Dany Wolf; Drehbuch: Gus Van Sant; Kamera: Harris Savides; Schnitt: Gus Van Sant

mit Alex Frost (Alex), Eric Deulen (Eric), John Robinson (John McFarland), Elias McConnell (Elias), Jordan Taylor (Jordan), Carrie Finklea (Carrie), Nicole George (Nicole), Brittany Mountain (Brittany), Alicia Miles (Acadia), Kristen Hicks (Michelle), Bennie Dixon (Benny), Nathan Tyson (Nathan), Timothy Bottoms (Mr. McFarland), Matt Malloy (Mr. Luce), Jason Seitz (Nate)

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Gus van Sant, der in den letzten Jahren eigentlich schon den Schritt Richtung große Hollywood-Produktionen getan hatte – mal mit gutem, zuletzt mit weniger gutem Erfolg (Good Will Hunting, Forrester - Gefunden!) kehrt mit Elephant wieder zu seinen Independent-Wurzeln zurück, zu denen kleine Perlen wie My own private Idaho und Drugstore Cowboy gehören. Elephant ist ursprünglich vom amerikanischen Kabelsender HBO mit überschaubarem Budget fürs Fernsehen produziert worden, erhielt dann jedoch die Möglichkeit, auf dem Filmfestival in Cannes im offiziellen Wettbewerb zu laufen, wo der Film (der fast ausschließlich mit Laiendarstellern besetzt ist) dann mit dem Hauptpreis, der „Goldene Palme“, ausgezeichnet wurde.

Plot: Elephant spielt an einer amerikanischen Highschool und erzählt in verschiedenen, ineinander verschachtelten Episoden unter anderem die Geschichten von John (ein sensibler Schüler, der unter seinem alkoholkranken Vater leidet), Elias (der als Hobbyfotograf sprichwörtlich das Foto seines Lebens schießt), Nathan und Carrie (ein Paar, das letztlich mehr verbindet als es ahnen kann), Michelle (ein typisches „hässliches Entlein“ mit krankhafter Schüchternheit) und schließlich Eric und Alex (zwei Außenseiter mit homoerotischer Beziehung und gemeinsamer Vorliebe für Beethoven). Diese diversen Geschichten werden allesamt nur vage angerissen, eine eingehende Charakterstudie findet nicht statt. An einem Fixpunkt dieses Highschool-Dramas treffen die unterschiedlichen Handlungsstränge zusammen und markieren den letzten Augenblick einer zuvor womöglich trügerischen Ruhe, bevor das Unglück gewissermaßen wie ein Unwetter über die Figuren hereinbricht.

Kritik: Egal, ob man zu den Anhängern oder Gegnern dieses Films zählt, eines wird jeder Zuschauer eingestehen müssen: Elephant ist völlig anders als alle anderen Highschool-Filme, egal ob dramatisch oder komödiantisch, die man jemals gesehen hat, und die Bilder dieses Films spuken auch länger im Kopf herum als bei den meisten anderen Filmen. Das liegt nicht einmal vorwiegend an der Story oder an dem realen historischen Hintergrund, an den die Geschichte angelehnt ist, das liegt vor allem an der Art und Weise, wie Elephant erzählt ist.

Wer sich auf die vielleicht zunächst etwas befremdliche, weil ungewöhnlich ruhige, fast meditative Erzählweise einlässt mit ihren langen, hypnotischen Kamerafahrten (brillant: Kameramann Harris Savides), die thematisch von zwei Beethoven-Stücken (Für Elise und Eine kleine Nachtmusik) untermalt werden, der wird belohnt mit Bildern und Eindrücken selten erlebter filmischer Kraft. Der Horror dieses Films, um erstmal die „Splatter“-geschädigten Passion Christi-Zuschauer zu beruhigen, äußert sich nicht durch bluttriefende Gewaltszenen, er funktioniert fast ausschließlich psychologisch (was ihn umso wirksamer macht).
Elephant hat nicht nur die Kritikermeinungen gespalten, er wird auch die Zuschauer polarisieren. Viele werden am Ende des Films den Drang verspüren, den Streifen ein zweites Mal zu sehen, um begreifen zu können, wie das, was am Ende geschieht, durch das vorherige Geschehen angedeutet oder auch erklärt wird. Einfache Erklärungen werden jedoch nicht geliefert, was viele Kritiker als fehlende moralische Haltung missinterpretierten. Der Film bleibt letztlich offen und etwas rätselhaft. Aber vielleicht deutet sich die finale Katastrophe ja doch an, vielleicht sind jene vordergründig beiläufigen Blicke gen Himmel doch bedeutungsvoller als beim ersten Sehen angenommen. Wahrscheinlich steckt ein leiser Abglanz des Schreckens bereits in der ernüchternden Tristesse dieser endlos langen Highschool-Flure.
Wenn die Kamera zum Abspann erneut Richtung Himmel schaut, dann ist das ein anderer Himmel als in anderen, durch religiöse Metaphorik geprägten amerikanischen Dramen- dieser Himmel scheint im wahrsten Sinne völlig leer zu sein.

Fazit: Ein Highschool-Film wie kein anderer zuvor, wenn man sich auf ihn einlässt; einer der besten Filme in diesem Jahr, egal was noch kommt: 9,5 von 10 Himmeln, an denen sich etwas zusammenbraut

Dominik Rose
21.03.2004

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805 Stimmen
Schnitt: 4.8
cgi-vote script (c) corona, graphics and add. scripts (c) olasch

Leser-Kommentare:
Dom (04.12.08): Anschließende Gedanken und Diskussionen zum Film finden nur über den Film und seine Technik statt. Über Handlung oder Thematik kann man nicht diskutieren, da es sie nicht gibt. Ein belangloser Film und völlig überbewertet.
Steffi (17.06.04): Sicher viel zu spät mein Kommentar, der Film ist längst aus den Kinos wieder raus, zumindest bei uns (ich war richtig böse, weil er wirklch nur verdammt kurz gelaufen war und überhaupt nicht die würdigung erhielt, die er verdient hat.) Viel kann ich nicht mehr anmerken, da stephan die wichtigsten Dinge shcon hervorgehoben hat. Der Film besticht durch seine innere Ruhe, es kommt im Grunde keine Hecktig auf, eine grausame unverblümte Darstellung. Keine Überzogenen Charakterbilder (man lernt Personen kennen, und weiß doch ncihst über sie) und dennoch wird das Herz einem unerträglich schwer am ende. Es wird einem bewusst was dahinter steht, wenn es auf einmal Schulkameraden sind die mit einer UZi auf dich zielen . Eine absolute Ohnmacht wird einem bewusst (es stürmen keine Polizisten die Gänge, man ist allein.) Sanfte ruhige Kammeraführung , und deswegen treffen einen die Bilder um so härter. Super Film.
Dominik (03.05.04): @Schwefa: Stimmt! Ich weiß auch nicht, warum ich das geschrieben habe...dabei habe ich doch die Best of Beethoven zuhause! Das Stück ist natürlich nicht die Nachtmusik, sondern "Mondscheinsonate"!
Schwefa (03.05.04): Ich wollt nur kurz anmerken, dass "eine kleine nachtmusik" soweit ich weiß, von Mozart stammt. tut mir leid, aber da geht der patriot mit mir durch.
Ivory (25.04.04): Der Film ist echt anspruchsvoll und das ist auch gut so. Denn es geht schließlich um ein Thema, über das man nachdenken soll. Ich finde es gut, dass der Film fast ohne Musik gestalltet ist, denn dadurch wird dem Zuschauer nicht vorgeschrieben, was er jetzt denken oder fühlen soll. Desswegen find ich es auch gut, dass der Film ein offenes Ende hat. Dadurch wird der Zuschauer angeregt, darüber nachzudenken.
Stephan (25.04.04): Erstmal Hallo, ich habe heute das erstemal in meinem Leben auf eurer site 10 Punkte vergeben. Ich habe lange überlegt aber dieser Film schafft es auf hypnotische Weise den Zuschauer,wenn er sich daruaf einlässt,zu fesseln. Besonders eindrucksvoll sind die schier nicht enden wollenden Kamerafahrten. Auch das Ende beeindruckt nicht besonders harte körperliche Brutalität sondern durch verbale und psysische Gewalt. Der Spruch den Alex am Ende aufsagt ist reine Folter für die Psyche. Wenn am Ende der Himmel auftaucht und wieder die Monscheinsonate erklingt hat bei uns das Publikum erst nicht realisiert das der film sein Ende gefunden hatte. Irgendwie waren die letzten minuten so schockierend das niemand aufgestnaden ist. Erst als der Abspann zu Ende war erhoben sich erste Stimmengemurmel. Auch ich habe mit meinen Freunden danach noch 3 Stunden über den film geredet. Das sollte man auch machen denn Elephant ist kein Film zu berieseln lassen.Es ist anspruchsvolles Kino das man nicht so leicht vergisst.
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