Originaltitel: Joe Wright; Deutschlandstart: 06.12.2012 (Universal Film); Regie: Gary McKendry; Produktion: Tim Bevan, Alexander Dostal u.a.; Drehbuch: Tom Stoppard nach dem Roman von Leo Tolstoy; Musik: Dario Marianelli; Kamera: Seamus McGarvey; Schnitt: Melanie Oliver mit Matthew Macfadyen (Oblonsky), Eric MacLennan (Matvey), Kelly Macdonald (Dolly), Theo Morrissey (Grisha Oblonsky), Cecily Morrissey (Lili Oblonsky), Freya Galpin (Masha Oblonsky), Octavia Morrissey (Tanya Oblonsky), Beatrice Morrissey (Vasya Oblonsky), Marine Battier (Mlle. Roland), Keira Knightley (Anna Karenina), Guro Nagelhus Schia (Annushka), Aruhan Galieva (Aruhan), Jude Law (Karenin) u.a. |
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Tanzen Sie mit mir!? - Ich lasse mich nicht von einem Herren ansprechen, dem ich einmal an einem Bahnhof begegnet bin. - Ich verstehe. Aber wenn ich nicht mit Ihnen tanzen darf, verlasse ich diese Operette und gehe nach Hause. - Dann Kitty zuliebe... - Anna und Wronski tanzen auf dem Ball miteinander. Plot:
Anna Karenina (Keira Knightley), Ehefrau des
Staatsbeamten Karenin (Jude Law), reist im zaristischen Russland der
1870er Jahre nach Moskau, um in der Ehekrise ihres polygamen Bruders
Fürst Oblonski (Matthew Macfadyen) zu vermitteln und ihre Schwägerin
Dolly (Kelly Macdonald) von der Scheidung abzuraten, was ihr schließlich
auch gelingt. Als sie auf einem pompösen Ball den schicken Russian
Womanizer Graf Wronski (Aaron Taylor-Johnson) wieder trifft, der ihr
bereits auf der Zugfahrt von St. Petersburg kurz vorgestellt wurde,
bedeutet das nicht weniger als eine heftige seismographische Erschütterung
ihres in ehelicher Routine vertrockneten Gefühlslebens. Feindselig
beäugt von der feinen Moskauer Gesellschaft, geben sich Anna und
Wronski ihren funkensprühenden Tänzen hin. Kritik:
Anna
Karenina ist einerseits eine für Hollywood typische, pompöse
Kostüm- und Ausstattungsorgie, die den geblendeten Augen in jeder
Szene neue optische Schmankerl serviert, sodass man als Zuschauer aus
dem Staunen kaum heraus kommt ob all der Schönheit und dem verschwenderischem
Prunk (Oscarnominierungen für Dekor und Kostüme dürften
sicher sein), andererseits unterläuft der Film von Regisseur Joe
Wright (zuletzt Wer ist Hanna?, Abbitte)
aber interessanterweise die gängigen Mechanismen des Illusionskinos,
in dem man sich verlieren kann und bald gar nicht mehr realisiert, dass
man einer Inszenierung beiwohnt. |
Das
funktioniert dadurch, dass die Handlung des Films vor dem Hintergrund
einer Theaterbühne ausgebreitet wird, mit verschiebbaren Kulissen,
einem schweren Vorhang im Hintergrund, teils zwischen Groteske und Theatralik
aufbereiteten Szenen, die allesamt verdeutlichen sollen, dass es bei
Anna Karenina vor allem um großes Theater geht. Das ist
zu Beginn vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, gewinnt aber
mit der Zeit deutlich an Reiz. Sehr schön etwa die Sequenz, in
der zunächst eine hübsche kleine Modelleisenbahn durch eine
Landschaftsattrappe fährt, im nächsten Moment Anna Karenina
im Zugabteil sitzt, bevor nach einem Schnitt nach Außen wieder
die Modelleisenbahn durch die Gegend tuckert. Das ist schon charmant
und witzig. Ebenso klasse ein dramatisches Pferderennen, das ebenfalls
auf der Theaterbühne gespielt wird, mit der feinen Gesellschaft
auf den gepolsterten Theatersesseln und einer aufgemalten Zuschauerkulisse
auf der Gegengeraden. Der Sinn und Zweck dieser konsequent verfolgten
Theater-Metaphorik besteht vermutlich darin, die Mechanismen der zaristischen
Aristokratie als einer verlogenen, am reinen Schauwert orientierten
Clique aufzuzeigen, an der nicht zuletzt die verzweifelte Anna als gebrandmarkte,
die Regeln brechende Ehefrau zugrunde geht. Fazit: Originelle, sehr moderne Verfilmung von Tolstois Klassiker, mit viel Pomp und guten Darstellern, die trotz reichlich Stilisierungswut ihre packenden Momente hat: 8,5 von 10 herzpochenden Scrabble-Spielen! |
Dominik
Rose 08.12.2012 |
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