Der Untergang
Drama, Deutschland 2004, 150 Minuten, ab 12, Prädikat: besonders wertvoll
Originaltitel: Der Untergang; Deutschlandstart: 16.09.2004 (Constantin Film); Regie: Oliver Hirschbiegel; Produktion: Bernd Eichinger; Drehbuch: Bernd Eichinger nach der Vorlage von Joachim Fest und Traudl Junge; Musik: Stephan Zacharias; Kamera: Rainer Klausmann; Schnitt: Hans Funck

mit Bruno Ganz (Adolf Hitler), Alexandra Maria Lara (Traudl Junge), Corinna Harfouch (Magda Goebbels), Ulrich Matthes (Goebbels), Juliane Köhler (Eva Braun), Heino Ferch (Albert Speer), Christian Berkel (Dr. Schenck), Matthias Habich (Prof. Dr. Werner Haase), Thomas Kretschmann (Hermann Fegelein), Michael Mendl (General Weidling), André Hennicke (SS-Gruppenführer Mohnke), Ulrich Noethen (Heinrich Himmler), Birgit Minichmayr (Gerda Christian), Rolf Kanies (General Hans Krebs), Justus von Dohnanyi (General Burgdorf)

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Hitler mit seinem "Hofarchitekten" Albert Speer. Familie Goebbels in guter Stimmung bei "Onkel Adolfs" Geburtstag. Das Ehepaar Goebbels folgt seinem Führer bis in den Tod. Traudl Junge auf der Flucht.

Wohin immer der Feind vordringt, er soll nur noch eine Wüste vorfinden. - Das ist das Todesurteil für das deutsche Volk. Kein Strom, kein Gas, kein sauberes Wasser, keine Kohle, kein Verkehr. Alle Bahnanlagen, Kanäle, Docks, Schleusen, Schiffe, Lokomotiven, all das zu zerstören, würde unser Land zurückschleudern ins Mittelalter. Mit diesem Befehl rauben Sie dem Volk jegliche Überlebenschance. - Wenn der Krieg verloren geht, ist es vollkommen wurscht, ob auch das Volk verloren geht. Es ist nicht notwendig, auf die Grundlagen, die das deutsche Volk zu seinem primitivsten Weiterleben braucht, Rücksicht zu nehmen. Im Gegenteil: Es ist besser, diese Dinge selbst zu zerstören. Denn das Volk hat sich als der Schwächere erwiesen und es ist nur ein Naturgesetz, dass es daneben ausgerottet wird. - Es ist Ihr Volk, Sie sind der Führer. - Was nach diesem Kampf übrigbleibt, sind ohnehin nur die Minderwertigen. Denn die Guten sind gefallen. - Der Führer will dem Feind nur verbrannte Erde hinterlassen.

Plot: 1942 wird die Münchnerin Traudl Junge (Alexandra Maria Lara) als letzte Sekretärin Adolf Hitlers (Bruno Ganz) eingestellt. Zweieinhalb Jahre später erlebt sie die letzten zwölf Tage im Führerbunker mit und wird Zeuge der Auflösung des Regimes. Während der Führer langsam, aber sicher dem Wahnsinn verfällt und stur an seiner Vision von Germania und dem blinden Glauben an den Endsieg festhält, spalten sich die ersten seiner engsten Untergebenen ab und denken an Flucht aus Berlin oder zweifeln zumindest am weiteren Sinn des Gehorsams zu Hitler.
Doch letztlich ist allen klar: Der Untergang des 3. Reiches ist nah.

Kritik: Es bedarf wohl kaum einer Erwähnung, dass der Schrecken des Nazi-Terrors niemals in Vergessenheit geraten darf. Ein weiterer Grund, warum es empfehlenswert ist, sich Meisterwerke wie z.B. Schindlers Liste, Das Leben ist schön oder auch Das Tagebuch der Anne Frank anzuschauen. Aber ist es deswegen nötig, sich mittlerweile beinahe im Jahrestakt immer neue Filme zu dem Thema anzuschauen, die auf die eine oder andere Weise nur immer wieder die selbe Geschichte eines weiteren Opfers erzählen? Ich behaupte mal: Nein! Ein Grund, weswegen ich mir in den letzten Jahren weder Gloomy Sunday, noch Rosenstraße angesehen hatte.
Doch die Vorschau zu Der Untergang ließ mich aufhorchen: Zum ersten Mal in der heutigen Zeit wurde ein Film angekündigt, der mal nicht aus der Sicht der Opfer erzählt wird, sondern die schon beinahe mystische Gestalt im Hintergrund, Hitler selbst, fokussiert.
Da stellt sich spontan die Frage: Kann man Hitler überhaupt verfilmen? Ist es möglich, diese Bestie in Menschengestalt glaubhaft zu spielen? Ein begründete Frage, wegen der Hitler in bisherigen filmischen Auftritten meist nur kurz oder von hinten zu sehen war. Ich persönlich habe es bisher nur sehr selten erlebt, dass ein Schauspieler derartig mit seiner Rolle verschmolz, dass ich nur noch die Figur und nicht mehr den Schauspieler sah. Was Bruno Ganz hier jedoch abliefert, raubt einem schier den Atem und stellt die Leistungen seiner Kollegen um Längen in den Schatten.
Sein Hitler ist in Punkto Aussehen, Verhalten und Sprechweise nicht mehr vom seinem Vorbild zu unterscheiden. Wenn man es sich nicht ständig vor Augen halten würde, man könnte glatt vergessen, dass es sich um einen Schauspieler handelt. Kein Wunder, dass Ganz die Dreharbeiten zwischendurch abbrechen wollte, da die notwendige Identifikation mit der Rolle, soweit das in diesem Zusammenhang überhaupt möglich ist, für ihn zu stark geworden war: Man kann niemanden spielen, den man nur hasst.
Dennoch, trotz der grenzenlosen Nähe durch das „Was“, die hier auf diese Weise gegeben ist, besteht weiterhin eine grenzenlose Distanz zu Hitler, denn das „Warum“ kann auch Ganz nicht beantworten.
Und darin besteht auch die einzige wirkliche Schwachstelle des Films an sich: Das Warum. Wie konnte Hitler es schaffen, ein ganzes Kulturvolk geschlossen hinter sich zu bringen? Was hat seine Anhänger dazu verleitet, einem am Ende offensichtlich Wahnsinnigen bis in den Tod hinein blind und fanatisch zu folgen und grausamen Massenmord zu begehen? Aber diese Fragen zu beantworten vermag wohl niemand mehr.

Was der Film jedoch „gänzlich“ schafft, ist Hitler zu entmystifizieren. Der beinahe nebulöse Mann im Hintergrund, der große Name, der wie ein Schatten über allem hängt, was wir von dieser Zeit wissen, schrumpft auf einen „einfachen“ Menschen zusammen, der stellenweise beinahe bemitleidenswert erscheint. Und der Film geht noch einen Schritt weiter: Aus der Perspektive Traudl Junges erzählt, beginnt er mit deren Einstellung 1942 im Führerbunker. Während des Probediktates macht sie alles falsch, bekommt von ihrem angehenden Chef jedoch nur die beruhigenden Worte „Das machen wir doch gleich noch mal von vorn“ zu hören. Eine Szene, in der man sich instinktiv wünscht, es beim nächsten Einstellungsgespräch mit einem ähnlich freundlichen Chef zu tun zu bekommen. Auch später erleben wir ihn als liebevollen „Onkel Adolf“, als ihm die Goebbelskinder ein Geburtstagsständchen singen. Szenen, in denen trotz allem noch ein Funken Sympathie mitschwingt und ein Statement, dass nicht einmal diese menschliche Bestie nur böse war.
Aber auch sonst hat Oliver Hirschbiegel, der mit Das Experiment bereits 2001 einen ungewöhnlichen und innovativen Thriller schuf, hier wieder sein Talent als Filmemacher bewiesen:
Alexandra Maria Lara nimmt als Traudl Junge die klassische Position der unbedarften Außenstehenden ein. Durch die sich so ergebende neutrale Sicht erlebt und erkundet sie stellvertretend für die Zuschauer die Welt des Führerbunkers in ihrem ganzen blinden Wahnsinn und seiner Unwirklichkeit. Die zeigt sich besonders gut in der Szene, als Eva Braun (Juliane Köhler) trotz des stetigen Bombenhagels wie im Wahn versucht, Partystimmung aufkommen zu lassen und zu tanzen, bis die Party von einer Granate jäh beendet wird.
Auch der Filmtitel könnte kaum passender gewählt sein, denn es dauert nicht lange, bis allen bewusst oder unbewusst klar wird, dass der Krieg verloren ist. Doch durch die Präsenz des Führers und seines ungebrochenen Glaubens an den Endsieg hat niemand so recht den Mut oder die Initiative, endlich aus Berlin zu fliehen. Schließlich, als die rote Armee schon vor den Toren Berlins steht, wütet Hitler noch darüber, seine Generäle hätten ihn verraten und der Krieg sei deswegen verloren, doch noch immer will niemand ihn verlassen. Selbst nach seinem Selbstmord herrscht noch immer eine unsichere, unentschlossene Stimmung. Der Krieg ist verloren, der Führer ist tot, und doch weiß niemand so richtig was zu tun ist. Soll man bleiben, soll man gehen, soll man sich erschießen? Was hält einen noch im Führerbunker? Die Untergangsstimmung ist beinahe greifbar.
Einige werden dem Film ankreiden, er lasse zu viele zu wichtige Dinge aus, z.B. die Judenvernichtung werde völlig außen vor gelassen. Doch genau das will der Untergang nicht sein, ein weiterer Film, der das Leiden der Opfer zeigt. Trotzdem gibt es zumindest eine Anspielung: Wenn Magda Goebbels (unbeirrbar fanatisch gespielt von Corinna Harfouch) kaltblütig Mord an ihren sechs unschuldigen Kindern begeht, weil sie sie nicht in einem Land ohne nationalsozialistischen Gedanken aufwachsen lassen möchte, dann ist das Holocaust im Kleinformat.
Begeistern konnte mich der Untergang auch auf technischer Ebene: Die meisten deutschen Filme erkennt man bereits an ihrer Bild – und Tonqualität, die IMO einfach nicht mit der der Traumfabrik mithalten kann. Ganz anders hier: Ich habe selten eine nicht-amerikanische Produktion gesehen, die mit soviel Aufwand daherkam. Und auch Bild und Ton lassen nichts zu wünschen übrig, bei dem permanenten Donnergrollen im Hintergrund und den vielen Kulissen zerstörter Gebäude habe ich mich streckenweise an Der Soldat James Ryan erinnert gefühlt.
Den Kritiken, Produzent Bern Eichinger habe hier zu vieles zu verarbeiten versucht und somit am Ende viel halbes, aber nichts ganzes erzielt, kann ich in keinster Weise zustimmen. Meiner Ansicht nach wird der Film in jeder Hinsicht seinem Titel gerecht und zeigt zudem noch den Wahnsinn „hinter den Kulissen“, von der beispiellosen Darstellung Hitlers ganz zu schweigen.

Fazit: Ein Film, der den Wahnsinn des Nazi-Regimes aus einer ganz anderen Perspektive zeigt und dabei Hitler selbst, den Bruno Ganz zu neuem Leben erweckt, fokussiert und als Wahnsinnigen, aber wahnsinnigen Menschen entmystifiziert. Für mich einer der sehenswertesten Nazi-Filme überhaupt. Bleibt nur zu hoffen, dass uns jetzt in näherer Zukunft keine kommerzielle Hitler-Welle im Kino erwartet. 9 von 10 Hochzeiten mit Selbstmordkapsel im Handgepäck.

Nikolas Mimkes
29.09.2004

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Schnitt: 5
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Leser-Kommentare:
Dominik (15.11.04): @Sandra: Mein größter Kritikpunkt ist einfach, daß man über die Naziideologie in dem Film nichts, aber auch gar nichts erfährt, außer daß kurz vor Kriegsende eine Stimmung des fatalistischen Wahnsinns vorherrschte. Außerdem finde ich es ungeheuer penetrant, daß Eichinger, bzw. der Film an sich, mit den großen Schlagwörtern "Authentizoität!" und ""Genauso war es!" wirbt und alles "Unvoreingenommen" wiedergeben möchte...das ist so naiv, rein künstlerisch gesehen! Und zum anderen: SS_General wird niemend, der nicht mit dem Nazisystem konform geht.
Sandra (04.10.04): @Florenz: Ich gebe dir in dem Punkt recht, dass verschiedene Kulturen in großen Punkten nicht übereinstimmen und nicht zusammen passen. Aber die Macht Hitlers lag nicht in seinem Haß auf die Juden - also einer andersgearteten Kultur- , die ihm laut "Mein Kampf" ja so persönlich das Leben zur Hölle gemacht haben, sondern in der Lücke der damaligen deutschen Verfassung, die zugelassen hat, dass ein seniler, debiler Hindenburg Hitler die Zügel in die Hand gegeben hat. Eine solche Allmacht ist heute nicht mehr möglich, denn diese Lücke wurde geschlossen. Mir macht der Anstieg der Prozentzahlen der rechten Parteien keine Angst, denn die meisten sogenannten "Neonazis" sind für mich arme, fehlgeleitete Deppen, die "Mein Kampf" wahrscheinlich noch nicht einmal buchstabieren können. Und die Wahl der rechten Parteien hat auch nichts damit zu tun, dass das Volk nun wieder rechts wird, sondern ist meiner Meinung nach lediglich eine Protestwahl gegenüber den großen Parteien die nix gebacken kriegen. Ich bin jedenfalls überzeugt davon, dass einer wie Hitler hier nie wieder an die Macht kommen kann. Klar, sind hier alle am Nörgeln, aber den Meistens geht es doch gut. Wo in Italien und Frankreich Tausendene wegen einem quersitzenden Furz einen Generalstreik auf die Beine stellen, passiert bei uns NICHTS und das wird sich in naher Zukunft auch nicht ändern. @Dominik: Ich glaube es ist nicht möglich in "Der Untergang" auch noch die komplette Judenvernichtung mit einzubringen und es ist auch gar nicht nötig, denn die Judenvernichtung ist nicht die Intention des Films sondern der Wahnsinn der hinter dieser Vernichtung steht. Klar, ist an diesem Punkt Vorwissen gefragt, aber das läßt sich bei einem derart komplexen Thema nicht anders händeln. Desweitern halte ich nicht viel von schwarz/weiß Malerei. Nicht alle Offiziere und Anhänger Hitler waren verabscheuungswürdige Monster oder durchweg böse. Es gab auch welche, die ihre Macht eingesetzt haben um zu helfen. Sicherlich auch auf ihren eigenen Vorteil bedacht, aber das ist nur menschlich, oder? (Siehe Oskar Schindler). Es gibt viele Berichte über SS-Offiziere, die Juden zur Flucht verholfen haben oder mit dem Widerstand zusammengearbeitet haben. Es gab ja auch Attentatsversuche und Verrat aus Hitlers eigenen Reihen (siehe Stauffenberg und Anhänger). Fakt ist hier werden die letzten 12 Tage gelebter Wahnsinn und Fanatismus gezeigt; Aus der Sicht der Überlebenden. Keiner von uns weiß, wie es denn letztendlich wirklich war, denn jede Sichtweise wird durch ihre subjektive Wahrnehmung verzerrt und im Laufe der Zeit auch verändert. Aber es gibt ja auch die Briefe und Aufzeichnungen der Goebbels und die sind ja nunmal schwarz auf weiß niedergelegt und werden im Film auch weitestgehend eins zu eins wiedergegeben.
Florenz (04.10.04): Kann es überhaupt einen "perfekten" Film zu einem solchen Thema geben? Die Aspekte um Hitler und sein Verbrechen sind derart vielfältig, dass einem schon deshalb schwindelig werden kann. Und was das vielbeschworene "Warum" angeht, sollten wir alle mal mit der Heuchelei aufhören. Das deutsche Volk lag damals regelrecht am Boden. WKI, Massenarbeitslosigkeit ungeahnten Ausmaßes, für uns nicht vorstellbare Armut. Und wie Sandra so richtig bemerkte, da kam einer der Besserung versprach und sein Versprechen auch hielt. Was aber vielleicht am Wichtigsten war, er hat auch gleich einen Sündenbock für das deutsche Ungemach geliefert: die Juden. Es gibt keinen auf sich selbst gerichteten Volkszorn, nur das Gefühl der Demütigung und Verzweiflung. Kann man dieses jedoch in Zorn umwandeln, indem man ihm ein Ziel gibt, kann man beinahe alles mit einem Volk machen. Glaubt irgendwer ernsthaft, dass das heute nicht mehr funktionieren würde? Wir sind nicht einmal annähernd am Verhungern und dennoch jammert jeder nur rum und prompt werden Rechtsradikale wieder in die Landtage gewählt. Die Mechanismen funktionieren noch immer ohne Probleme. Ob es um Asylanten geht oder den EU-Beitritt der Türkei, selbst bei den Liberalsten findet tief in Inneren ein "Wir zuerst"-Gefühl, dass es nur zu schüren gilt. Hand auf's Herz, wer würde nicht skeptisch werden, wenn die eigene Tochter plötzlich mit einem Araber oder gar einem Schwarzen als Freund auftaucht? Die Skepsis ist ja dummerweise auch noch berechtigt, denn es gibt immer Probleme, wenn sich Menschen mit völlig unterschiedlichen kulturellen Hintergründen zusammentun. Das müssen nicht einmal Ausländer sein, es gibt auch noch bei uns genügen Ecken, wo Bayern oder Preußen als Ehegatten völlig inakzeptabel wären. Das steckt einfach in uns und ist sicher keine deutsche Eigenschaft. Doch zurück zum Film. Hirschbiegel und Eichinger hatten klare Vorstellungen von dem, was sie vermitteln wollten. Hitler war ein Mensch, der durchaus freundlich und liebevoll sein konnte. Das ist ja das wirklich Erschreckende an ihm. Der Kerl war einer von uns und nicht irgendein Monster aus der Hölle und jeder, der das nicht akzeptieren will, macht es sich zu einfach. Das ist IMHO der Ansatz dieses Films. Dass er die Judenverfolgung außen vor lässt wird ihm angekreidet, doch was, wenn die Autoren darauf auch noch eingegangen wären? Nicht einmal Schindlers Liste konnte diesem Thema wirklich gerecht werden, dazu bedurfte es schon einer ganzen Serie woie "Holocaust", um auch nur ansatzweise die Schrecken und Verbrechen dieser Zeit einem auch jungen Publikum zu vermitteln. "Der Untergang" beleuchte einen anderen Aspekt Hitler-deutschlands und ergänzt somit in hervorragender Weise das bereits vorhandene Material. Für meine Begriffe hat er schon allein dafür die volle Punktzahl verdient.
Dominik (03.10.04): @Nikolas: Ich würde dir in zwei Punkten zustimmen und in einem widersprechen, bin aber weitestgehend deiner Meinung: Hitlers Darstellung ist ein Erfolg, nicht nur aufgrund der tatsächlich sehr starken schauspielerischen Leistung, sondern weil es in der Tat entmystifizierend ist, wie Hitler in all seinem Fanatismus und in all seiner Banalität dargestellt wird- da braucht man keinen erhobenen Zeigefinger, das spricht für sich. Was natürlich trotzdem, und da stimm ich dir auch zu, ein Rätsel bleibt, ist die Anziehungskraft seiner Person und seiner Ideologie. In einem Punkt bin ich jdoch nicht deiner Meinung: Ich finde, man kann das Thema Holocaust nicht so von der Darstellung des Untergangs dieser Ideologie trennen, wie es der Film (bis auf wenige "Erwähnungen" und die vorsichtige "Konzession" der Bildtafel mit den ermordeten Juden am Ende) weitestgehend tut. Denn die Nazi-Ideologie hat sich nun einmal mehr als alles andere über ihren Rassenwahn definiert. Im Film kommt das nicht rüber. Man sollte kaum glauben, daß das tatsächlich auch nur ein annähernd entscheidendes Thema gewesen ist. Ein weiteres Problem ist die konventionelle Sympathielenkung, denn da kann ein SS-General scheinbar ohne weitere Einwände in der dramaturgischen Logik des Filmes (als Schützer der Zivilbevölkerung und somit Gegner von Hitlers Position) als positiv und sogar sympathisch gezeigt werden. Also, ich weiß nicht...da ist der Film auch ein wenig naiv, sich auf pure Authenzität und Faktenlage zu berufen und die Ideologie so wenig herauszuarbeiten und auf den späteren "Wahnsinn" zu verkürzen, da stimme ich Sandras Kommentar in diesem Punkt zu. Technisch sicherlich einwandfrei, schauspielerisch stark, jedoch was das ständige Insistieren auf Faktennähe (die Fest- Biographie und die Traudl-Junge Autobiographie) anbetrifft gefährlich naiv teilweise. Die Nazi Gescbichte wird zu einem Untergang mit anschließender Wiederauferstehung des deutschen Volkes, wenn die gutherzige Traudl mit dem wirklich äußerst arisch gecasteten deutschen Musterknaben den Heimweg antritt. Etwas mulmig wird einem da schon... Trotz der (etwas stärkeren) Einwände gebe ich ihm 7,5 von 10.
Sandra (29.09.04): Ich habe endlos viele Filme gesehen und Bücher gelesen, die mit dem 2. Weltkrieg, dem Hitler-Regime und dem Holocaust zu tun hatten. Ich habe meine Abschluß-Klausur über das Thema geschrieben und zahllose Dokumentationen gesehen. Wenn man sich nicht eingehend mit der Thematik beschäftigt ist es sicherlich schwer das "Warum" nachzuvollziehen, aber Hitler ist ein Kind der damaligen Zeit, der bewußt die Lücke der damaligen Verfassung ausgenutzt hat um an die Macht zu kommen und er hat ein ganzes Volk mitgezogen. 11 Millionen Arbeitslose, keine Perspektive, keine Hoffung, das deutsche Volk war am Verhungern und dann kommt ein Mann, der Arbeit verspricht und Essen auf dem Tisch und er hält was er verspricht. Ich denke nicht, das wir "Wohlstandskinder" uns in die damaligen Verhältnisse auch nur ansatzweise hineinversetzen können. Nur ein Film hat sich bisher mit dem "Warum" beschäftigt "Nichts als die Wahrheit" in dem Götz George Josef Mengele spielt, den "Todesengel" von Ausschwitz. In diesem Film legt er seine Sicht der Dinge da und aus seiner Perspekte und aus der Zeit in der er lebte ist sie nachvollziehbar. Nicht akzeptabel aber nachvollziehbar. Wenn man über Jahrzehnte hinweg gepredigt bekommt, dass Juden Untermenschen bis gar keine Menschen sind, dass sie die Pest bringen und Unglück über das Volk, dann glaubt man das irgendwann. Es gab zahllose Antijuden-Filme, Dokumentationen und Hetzschriften in allen erdenklichen Variationen. Was als Hetzkampagne begann endete im absoluten menschenverachtenden und menschenvernichtenden Wahn. Nur der Starke überlebt, nur die Herrenrasse kann die Welt beherrschen usw. Es ist erschreckend auch für mich, denn ich bin Teil der deutschen Vergangenheit, mein Großvater war Soldat und musste auf Generationen hinweg nachweisen, dass er rein "arischer" Herkunft ist. Ich erzähle das alles, weil man den "Untergang" nur dann versteht, wenn man die Vorgeschichte kennt. Erst wenn ich weiß und akzeptiere wie es geschah, kann ich die Verhaltensweisen nachvollziehen. Der Realitätsverlust von Hitler, der sich bishin zur Hysterie steigert, Eva Brauns extreme Verdrängungsmethoden und Traudl Jungs jugendliche Naivität, die auch stellvertretend für das Deutsche Volk steht, dass in diesem Film nur als Opfer gezeigt wird. Für mich der große Schwachpunkt des Films. Das Volk war nicht nur Opfer sondern auch Täter. Wer schweigt stimmt zu. Die echte Traudl Jung sagt es selbst am Ende des Films. Sophie Scholl, Widerstandskämpferin der "Weißen Rose" wurde in dem Jahr hingerichtet, als sie Hitlers Sekretärin wurde. Wer sich traut die Wahrheit zu sehen, der wird sie auch sehen - brutal und ungeschminkt. Dennoch ist es zu einfach zu sagen: Wer wegsieht, geht den bequemen Weg. Aber wissen wir denn, wie wir gehandelt hätten? Hätten wir den Mut zum Widerstand gehabt? Hätten wir unser Leben aufs Spiel gesetzt? Ich habe oft darüber nachgedacht und ich kann diese Frage auch für mich nicht beantworten. Ich wünschte für mich, ich wäre so mutig gewesen. So mutig lieber ins Lager zu gehen und/oder zu sterben als die Augen davor zu verschließen, aber ich bin keine Kind dieser Zeit und wenn ich meine Großmutter frage, dann sagt sie immer: "Kind, wir haben das mit den Juden nicht gewußt, die wurden irgendwo hingebracht, aber wir wußten nicht wohin." Fakt ist aber auch, dass niemand danach gefragt hat. "Der Untergang" zeigt nicht nur Hitler Untergang sondern den Untergang eines ganzen Volkes. Ich konnte Hitlers Person als solche in keinster Weise auch nur ansatzweise sympathisch finden. Für mich war er ein wahnsinniger, fehlgeleiteter kranker Mann mit wilden ideologischen Fantasievorstellungen. Heute würde man so jemanden einweisen (oder er wird Präsident in den USA). Man hat im Laufe des Films das Gefühl, Hitler würde vor einem stehen, derart realistisch ist die Charakterdarstellung von Bruno Ganz. Der Mann hat definitiv den Oscar verdient. Die letzten 12 Tage zeigen uns das AUS des nationalsozialistischen Traums. Das dritte Reich ist dem Untergang geweiht und viele Anhänger gehen mit ihm unter und zwar freiwillig. Der aktuelle Bezug liegt hier bei den islamistischen (Selbstmord)Attentätern im Irak, die sich selbst und ihre Kinder in die Luft sprengen für den guten alten Allah. Schwachsinnige denken wir, aber in deren Fantasiewelt ist es lohnenswert, sie sterben für ihre Sache, für eine bessere Welt. So wie Magda Goebbels ihre Kinder vergiftet, weil es in einer Welt ohne Nationalsozialismus nicht zu leben lohnt. Krank, denken wir, aber sie ist ein Kind ihrer Zeit. In ihrer Welt gibt es keine Gott, da war Hitler Gott und ihre Religion war der Nationalsozialismus. "Der Untergang" muss Pflichtfilm werden in allen Schulen, denn er zeigt den Wahnsinn hinter der Judenvernichtung. Er zeigt den Vater der Menschenverachtung als Menschen und dennoch ist er nur verabscheuungswürdig. Man müsste jeden Neonazi, der Hitlers Geburtstag feiert diesen Film aufzwingen, damit er sein blindes Tun erkennt, damit er sieht, WESSEN Geburtstag er da eigenlich feiert. Der Film soll zu 90% auf Tatsachen-Berichten beruhen, warum allerdings das Ende geändert wurde ist rätselhaft. Hitlers Selbstmord wurde nicht zugegeben. Großadmiral Dönitz hat am 1. Mai 45 verkündet, Hitler wäre bei der Abwehr der Bolschewisten gefallen. Er forderte das deutsche Volk zum Widerstand auf und erklärte sich selbst zu Hitlers Nachfolger. Auch das hätte man zeigen können und auch müssen. "Der Untergang" ist ein bedrückender Film über unsere Vergangenheit und jeder sollte sich damit auseinandersetzen und die Worte Traudl Jungs auf sich wirken lassen. Als der Film zuende war ist niemand gegangen, das überwiegend sehr junge Publikum war schier erstarrt und hat erst nach dem Abspann schweigend das Kino verlassen. Gut zu wissen, das es eine Film gibt, der die Jugend zum nachdenken anregen kann. Fazit: Hervorragend gespieltes und in Szene gesetztes Drama über den Wahnsinn und den Untergang des dritten Reiches. Ein MUSS für alle! Wegen der genannten Mängel nur 9 von 10 Hitlerjungen
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