Syriana
Drama/Thriller, USA 2005, 128 Minuten, ab 12
Originaltitel: Syriana; Deutschlandstart: 23.02.2006 (Warner Bros.); Regie: Stephen Gaghan; Produktion: Steven Soderbergh, George Clooney u.a.; Drehbuch: Stephen Gaghan nach der Vorlage von Robert Baer; Musik: Alexandre Desplat; Kamera: Robert Elswit; Schnitt: Tim Squyres

mit Kayvan Novak (Arash), George Clooney (Bob Barnes), Amr Waked (Mohammed Sheik Agiza), Christopher Plummer (Dean Whiting), Jeffrey Wright (Bennett Holiday), Chris Cooper (Jimmy Pope), Robert Foxworth (Tommy Barton), Nicky Henson (Sydney Hewitt), Nicholas Art (Riley Woodman), Matt Damon (Bryan Woodman), Amanda Peet (Julie Woodman), Steven Hinkle (Max Woodman), Daisy Tormé (Rebecca), Peter Gerety (Leland Janus), Richard Lintern (Bryans Boss) u.a.

Filmplakat
Internet Movie Database ()
Offizielle Website (Warner Bros. )
Trailer (Warner Bros. )
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Wenn internationale Filmkritiker vermehrt von einer neuen Ernsthaftigkeit und einem erwachenden politischen Bewusstsein des amerikanischen Gegenwartskinos sprechen und sich dabei schon fast an die künstlerisch goldene Ära des Hollywoodkinos der siebziger Jahre erinnert fühlen, dann meinen sie aktuelle Studioproduktionen wie Good Night, and Good Luck (eine Abrechnung mit dem politischen Konformismus unter Bush jr., verkleidet in einer Analyse der McCarthy-Ära), München (der den palästinensisch-israelischen Konflikt unter die Lupe nimmt), Der ewige Gärtner (der die schmutzigen Geschäfte der Pharmaindustrie in Afrika zum Thema nimmt) und eben auch Syriana.

Plot: Syriana beleuchtet (inspiriert von den Memoiren des ehemaligen CIA-Agenten Robert Baer) in episodenhaft verknüpften Handlungssträngen den weltweit ausgetragenen Kampf um die schwindenden Erdölreserven. Es geht um wirtschaftliche und politische Macht, um internationale Verschwörung, um Korruption, um Waffenhandel, um den islamischen Terrorismus und natürlich vor allem ums große Geld. Um einen kleinen Eindruck zu vermitteln, will ich nur einige der zentralen Geschichten, die der Film erzählt, kurz skizzieren. Die Zusammenführung der verschiedenen Stränge liegt ohnehin in der Verantwortung des einzelnen Zuschauers:
Bennett Holiday (Jeffrey Wright), ein aufstrebender Anwalt aus Washington, hat die schwierige Aufgabe, die rechtlichen Grundlagen einer großen Fusion zweier Erdölkonzerne zu überprüfen. Jimmy Pope (Chris Cooper) ist der Vorsitzende der größeren Firma, die eine kleinere Firma unbedingt schlucken möchte, da diese über kommerziell enorm lukrative Bohrrechte im Nahen Osten verfügt. Je weiter Holiday recherchiert, umso tiefer verstrickt er sich in einen schwer durchschaubaren Korruptionssumpf. Matt Damon spielt den von Genf aus operierenden Banker Woodman, der aufgrund eines privaten Schicksalsschlags in die Dienste des persischen Scheichs Nasir (Alexander Siddig) gerät, welcher sich im offenen Kampf mit seinem korrupten Bruder um die Thronfolge befindet. Woodman motiviert Scheich Nasir zum wirtschaftlichen Wohle des Landes dazu, umfangreiche demokratische Reformen in Angriff zu nehmen. Da diese Reformen jedoch den wirtschaftlichen Interessen der US-Erdölkonzerne entgegenstehen, betreibt der CIA konspirative Operationen, die dem korrupten Bruder zur Macht verhelfen sollen. George Clooney schließlich mimt den gleichsam einsamen wie zwielichtigen CIA-Agenten Bob Barnes, der den Auftrag erhält, nach Beirut zu reisen, um Scheich Nasir zu ermorden. Denn schließlich, so verlautet es aus der CIA-Führung, stünde Nasir in Kontakt zur Terrorgruppe Al Kaida.
Klingt kompliziert und ein wenig düster? That´s politics!

Kritik: Fünf Jahre nach der grandiosen „dope opera“ Traffic ist Syriana die zweite künstlerische Zusammenarbeit zwischen Steven Soderbergh (bei Traffic Regie und nun ausführender Produzent) und Stephen Gaghan (schrieb für Traffic das Drehbuch und übernahm für Syriana die Verfilmung seines Drehbuchs selbst). Und das merkt man dem Film auch an: Ebenso wie Traffic beweist auch Syriana Mut zur Komplexität, und ist – fast mehr noch als Traffic – eine Art Gedankenmeditation, die die Beantwortung der aufgeworfenen Fragen dem Zuschauer überlässt. Die Schurken finden sich auf allen Seiten, die am großen Ölgeschäft ihre Finger im Spiel haben, und es gibt auch tragische Gestalten, die mit guten Motiven starten und als miserable Mitspieler enden. Das verleiht dem Film fraglos Glaubwürdigkeit. Die Namen und konkreten Ereignisse mögen fiktiv sein, aber so oder so ähnlich könnte sich das schon abspielen. Und dass US-Politik und US-Konzerne einen entscheidenden Anteil an der weltweiten Misere tragen, ist ein Ergebnis, für das man einen großen Hollywoodfilm, der nebenbei auch über 100 Mio. Dollar einspielen konnte, schon als couragiert loben möchte.
Eine entscheidende Stärke von Syriana liegt in seiner raffinierten Konstruktion. Trotz wechselnder Schauplätze und vielzähliger Akteure vemittelt sich mir doch ein Eindruck dessen, was man den Kern der beklagten Misere bezeichnen könnte, eine Art Hyperlink. Übrig bleibt die Absurdität einer rein nach Gewinnstreben lüsternden Politik, deren Waffen sich im Endeffekt und über Umwege kurioserweise wieder gegen sie selbst richten, nach dem Motto: Eigentlich sind wir selbst Schuld.
Und trotz allem, ganz so eindrucksvoll wie im ästhetisch vergleichbaren Traffic gelingt der Versuch über das schmutzige Öl letztlich doch nicht, und das mag daran liegen, dass den Figuren im Gegensatz zu Traffic ein wenig die emotionale Tiefe abhanden geht. Wir erfahren kaum etwas, das die einzelnen Charaktere über ihre Rolle als Spielbälle in einem großen Politpuzzle hinausheben und zu greifbaren, seelenvollen Gestalten machen würde. Und dennoch bleibt, neben einer unterschwelligen Leere, die Faszination über ein eindrucksvoll aufgezogenes großes Thriller-Enigma, das nicht zuletzt ein paar Fragen aufwirft, die das Hollywood in einem vom Irakdesaster geschädigten Amerika endlich bereit ist zu stellen.

Fazit: Filmisch beeindruckender „think tank“ mit gekonnten Thriller-Elementen und etwas zu hastig angerissenen Figuren- hinterlässt ein Schwindelgefühl, das vielleicht beim zweiten Sehen vergeht. 8,5 von 10 fehlgeleiteten Sprengkörpern!

Dominik Rose
24.02.2006

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509 Stimmen
Schnitt: 5.1
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Leser-Kommentare:
hammi (22.08.06): @Sebastian: äh, sorry. Ich habe den Film gestern auf DVD im Heimkino gesehen und ich habe ihn verstanden und durchgänging verfolgt. Ein Film ist imho nicht gut, wenn er wirr Erzählt wird - gut, manche halten das für Kunst - ich halte das für schlechten Schnitt. 5 Sekunden Szenen tragen nicht grade zu einer gradlinigen Erzählweise bei. Und dieserart Szenen gibt es zuhauf in diesem Film - zudem sind viele davon einfach nur überflüssig. Die Handlung ist zudem arg konstruiert - der entlassene Araber wird zum Attentäter, der erfolgreiche Firmenberater verliert ein Kind und wird dann angehört, und die Amis können jeden Punkt der Erde mit Raketen beschiessen. Na klar. Die Erlebnisse des Rechtsanwaltes mit seinem - natürlich trinkenden Vater (der in der Handlung gar nix zu suchen hatte und vollkommen obsolet ist) - sind so verworren, da macht das Verfolgen schon keinen Spass und ist einfach nur schlecht erzählt. Lord of War ist besser erzählt und kommt insgesamt - auch wenn Beats im Hintergrund hämmern - glaubwürdiger rüber. Deswegen nur 5 von 10 Punken, aber nur wegen dem brisanten Thema.
jo (04.03.06): @fonzman: Keine Handlung? Der Film hatte gleich 5 oder 6 Handlungsstränge, die gerade nicht mit dem Holzhammer verknüpft wurden. Und das zu wagen muss man Gaghan, Soderberg und Clooney schon hoch anrechnen. @sebastian: "Lord of War" it nett, aber leider ein wenig inkonsequent. Frau Gröner hat es sehr schön auf den Punkt gebracht: "Lord of War kann sich nicht entscheiden, was er will. Seine Machart mit dem angesprochenen Off-Kommentar, den pointierten Dialogen, den launigen Schauspielern und den üblichen Popsongs als Hintergrundmusik machen ihn zu einem guten Unterhaltungsfilm. Sein Sujet aber ist derart unheimlich, dass sich beides stets beißt. Der Kontrast, der daraus hätte entstehen können, wurde meiner Meinung nach nicht weit genug ausgereizt. Der Film hätte noch böser, noch überzogener sein müssen, wie in der Szene, wo sich Yuri selbst in Gefahr bringt, als er die klemmende Waffe reparieren will." (http://www.ankegroener.de/?p=1368) Von daher: 7.5 von 10 idealistischen CIA-Agenten für "Syriana" und 6.5 von 10 Handgranaten für "Lord of War". Beide weit über Mainstream-Level, aber für die Kino-Olymp reicht es nicht ganz.
Sebastian (28.02.06): Syriana ist ein richtig guter Film! Und er ist alles andere als langweilig, sondern sogar ziemlich mitreißend! Vorausgesetzt man weiß vorher, um was es sich bei dem Film handelt und lässt sich völlig drauf ein.
Aufgrund seiner Komplexität und seiner doch sehr verworrenen Erzählweise ist es nicht immer einfach dem Film zu folgen und alle die sich nicht durchgängig konzentriert mit dem Film auseinandersetzen, werden ihn nicht verstehen und ihn deswegen auch langweilig bzw. nicht gut finden.
Ich fand den Film wirklich sehr gut. Angereichert mit interessanten Storyelementen, über die es sich lohnt noch länger nachzudenken. Auch wenn der Film nicht auf wahren Begebenheiten beruhen soll, läuft das ganze Ölgeschäft mit Korruption etc. garantiert so ähnlich ab. Erschreckend, aber im Grunde dürfte es sowieso jedem klar sein, auch ohne den Film gesehen zu haben.
Die ganzen Amis sollten sich all die momentan aktuellen politischen Filme mal ansehen, um zu sehen, wie ihr Land & Regierung wirklich funktioniert!
Diesbezüglich möchte ich besonders "Lord of War - Händler des Todes" jedem ans Herz legen, der bitterbösen Humor mag! Einer der besten Filme, die ich bisher dieses Jahr gesehen habe!
Ich gebe, da der Film bei seiner Komplexität leider doch etwas zu konfus und verwirrend erzählt ist, nur 8 von 10 unter Strom stehende Swimming-Pools!

Fonzman (28.02.06): Der langweiligste Film den ich seit langem gesehen habe. Keine Handlung, keine Spannung, wozu also noch Charaktere formen. Ich hätte mir auch 2h lang die weiße Kinoleinwand ansehen können ... und doch nichts verpaßt.
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