Midnight in Paris
Märchen / Romanze, USA / Spanien 2011, 94 Minuten, ab 0, Prädikat: besonders wertvoll
Originaltitel: Midnight in Paris; Deutschlandstart: 18.08.2011 (Concorde Film); Regie: Woody Allen; Produktion: Letty Aronson, Raphaël Benoliel u.a.; Drehbuch: Woody Allen; Kamera: Johanne Debas, Darius Khondji; Schnitt: Alisa Lepselter

mit Owen Wilson (Gil), Rachel McAdams (Inez), Kurt Fuller (John), Mimi Kennedy (Helen), Michael Sheen (Paul), Nina Arianda (Carol), Carla Bruni (Museumsführerin), Yves Heck (Cole Porter), Alison Pill (Zelda Fitzgerald), Corey Stoll (Ernest Hemingway) u.a.

Filmplakat
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Trailer ()
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Paul gibt den Fremdenführer für Carol, Inez und Gil.
Gil auf einem Streifzug durch Paris. Gil trifft auf Ernest Hemingway und Gertrude Stein. Muse Adriana und Gil.

Wieso hast du dich so schick gemacht? - Ich hab ein bisschen was geschrieben. - Du ziehst dich zum Schreiben schick an und sprühst dich mit Parfüm ein? - Naja, so wie ich auch unter der Dusche besser nachdenken und die positiven Ionen zum Schwingen bringen kann. - Inez möchte von Gil eine Erklärung für sein merkwürdiges Verhalten.

Plot: Der verträumte Drehbuchautor Gil (Owen Wilson) bereist gemeinsam mit seiner Verlobten Inez (Rachel McAdams) und deren vermögenden Eltern die Stadt der Liebe, von der er sich vor allem Inspiration für seine schriftstellerischen Ambitionen erhofft, sehnt er sich doch insgeheim zurück in die vermeintlich goldenen Zwanziger Jahre, als Paris eine Zuflucht für internationale Künstler von Renommée war.
Für derlei nostalgische Anwandlungen haben weder die eher pragmatisch orientierte Inez noch deren konservative Eltern etwas übrig, sodass sich Gil eines späten Abends lieber allein durch die fremden Straßen aufmacht und Schlag Mitternacht von einer ausgelassenen Gruppe Feiernder in einer mysteriösen Oldtimer-Limousine aufgegabelt wird. Gil schließt sich der fröhlichen Runde an und landet unversehens auf einer Party im Stil der Zwanziger Jahre. Allerdings sind es offensichtlich die tatsächlichen Zwanziger, denn der leibhaftige Cole Porter sitzt am Klavier, Scott und Zelda Fitzgerald stehen zum Smalltalk bereit und Ernest Hemingway berauscht sich an seiner kampferprobten Männlichkeit. Der staunende Gil ist verständlicherweise einigermaßen von den Socken, erst recht als Hemingway ihm anbietet, sein unfertiges Skript bei einer guten Freundin zur kritischen Prüfung vorzulegen: der legendären Gertrude Stein (Kathy Bates), bei der das Who is Who der sogenannten Lost Generation ein- und ausging.
Die folgenden Tage sind für den aufgewühlten Helden geprägt von mehr oder minder entnervenden Ausflügen mit der zunehmend launigen Inez und rauschhaften Nächten im Kreise seiner neuen Künstlerfreunde, zu denen sich bald auch die verführerische Adriana (Marion Cotillard) gesellt. Gil hat schnell Feuer gefangen, allerdings ergeben sich zwei Probleme: Zunächst muss er sie ihrem aktuellen Lover ausspannen (einem eigenwilligen spanischen Maler namens Pablo), zum anderen ist er bereits einer anderen Frau versprochen – zumindest in ferner Zukunft.

Kritik: Als bemerkenswerte Info für die Kino-Enzyklopädisten sei vorweg erwähnt, dass Midnight in Paris sich bis dato zum größten Kassenerfolg für Woody Allen in den USA entwickelt hat, was schon was zu sagen hat, bedenkt man das seit fast vier Jahrzehnten währende Schaffen des Regisseurs, der mit großem Fleiß Jahr für Jahr eine neue Produktion auf die Leinwand bringt.

Midnight in Paris setzt Woody Allens mit Match Point vor einigen Jahren gestartete Europa-Tournee fort und verdeutlicht darüber hinaus, dass gerade die sinnlichen Großstädte wie Barcelona (Vicky Christina Barcelona) und nun Paris den ewigen Neurotiker erstaunlich milde und nonchalant stimmen. In etwa so wie seinen Alter Ego Gil, der sich mit ungetrübter Begeisterung in ein Paris stürzt, das nichts von brennenden Banlieus erahnen lässt und stattdessen mit pittoresken Gassen, atmosphärischen Cafés und Antiquitätenläden und weiteren herausgeputzten Sehenswürdigkeiten brilliert.
Das ist nicht weiter schlimm, wir sitzen ja auch in keiner Sozialstudie á la Mike Leigh, sondern in einem mit Jazzmusik umspielten Märchen, das sich ironisch vor den historischen Künstler-Mythen verbeugt, die sich um das Paris vergangener Epochen ranken. Dabei gibt es einige amüsante Szenen zu bestaunen, mit einem Cory Stoll, der als Hemingway genauso machohaft und großspurig daherkommt, wie man das von ihm erwarten darf, einem leider nur sehr kurz auftretenden Adrien Brody als exzentrischem Salvador Dali (der wie seine Surrealisten-Freunde Bunuel und Man Ray nichts weiter ungewöhnliches daran findet, dass Gil ein Zeitreisender ist) und einer herrlich überdrehten Alison Pill als Fitzgerald-Gattin Zelda, von der man sofort glaubt, was Hemingway in seinem Paris-Buch „Ein Fest fürs Leben“ behauptet hat, nämlich dass sie ganz schön verrückt ist, und schließlich der sinnlichen Marion Cotillard, die zwar keine historische Berühmtheit spielt, aber tatsächlich verdammt sinnlich ist. Ach ja, Madame Sarkozy ist natürlich auch mit dabei, als Reiseführerin – womit alles dazu gesagt wäre.
Bei all dem Varieté an großen Persönlichkeiten und Künstlern, die immer wieder in die Szenen rein- und rausschneien, fällt es kaum auf, dass die Handlung doch recht leichte Kost ist, und in weiten Teilen auch ziemlich vorhersehbar. Dass der Träumer Gil es etwa nicht lange bei seiner Verlobten aushalten wird ist ebenso rasch klar wie der mit dem Zaunpfahl – bzw. der antiken Schallplatte – gewunkene Hinweis, wer als passende Nachfolgerin bereits in den Startlöchern steht. Woody Allen hat sicher schon tiefgründigere Liebesfilme gedreht, und darüber hinaus auch eine weitaus geistreichere Hommage an die Roaring Twenties (der großartige Bullets over Broadway), aber die recht magere Ausbeute an sprühendem Dialogwitz und das Fehlen unvorhergesehener Wendungen fällt nicht so stark ins Gewicht, der Film ist insgesamt halt doch trés charmant.

Fazit: Zwar kein Werk aus Woody Allens goldener Ära, aber doch mit genügend Witz und Charme, um sich an seiner Gegenwart zu erfreuen: 7 von 10 Amerikaner in Paris!

Dominik Rose
27.08.2011

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497 Stimmen
Schnitt: 5
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Leser-Kommentare:
Bluti (13.09.11): Es waren sogar "nur" drei Filme: Vicky Cristina Barcelona, Scoop und Match Point.
Nikolas (07.09.11): Das Fazit der kritik trifft es ganz gut: Kein Meisterwerk oder Glanzstück wie "Matchpoint" oder "Christina Vicky Barcelona", aber dennoch charmant-amüsant und wenn man Woody Allen mag, durchaus sehenswert! Auch sind die auftretenden Künstler natürlich alle nur Klischeebilder ihrer selbst, aber hier geht es ja um die Einstellung der Hauptfigur zu Vergangenheit und seiner eigenen Zeit und nicht um eine präzise Recherche der Vergangenheit! Nur warum hier plötzlich die sonst so zum anbeißen süße und zur Abwechslung mal nervig-zickige Rachel McAdams statt Scarlett Johansson die weibliche Hauptrolle spielt, hat mich etwas gewundert. Hatte sie nach "nur" vier Filmen schon genug?
Alles in "Allen": Hat Spaß gemacht! nicht mehr und nicht weniger! 7 von 10 plötzlichen Kunstexperten

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