Hautnah
Drama, USA 2004, 105 Minuten, ab 12
Originaltitel: Closer; Deutschlandstart: 13.01.2005 (Sony Pictures); Regie: Mike Nichols; Produktion: Mike Nichols, Scott Rudin u.a.; Drehbuch: Patrick Marber; Musik: Liam Howlett u.a.; Kamera: Stephen Goldblatt; Schnitt: John Bloom, Antonia Van Drimmelen

mit Natalie Portman (Alice), Jude Law (Dan), Julia Roberts (Anna), Clive Owen (Larry), Nick Hobbs (Taxifahrer), Colin Stinton (Zollbeamter)

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Ich muss dich sehen. - Nein! - Was denn, aus Patriotismus? - Ich will keine Probleme. - Ich bin kein Problem. - Du bist nicht frei! - ... Ich muss dich sehen! - Pech. - Du hast mich geküsst. - Wie alt bist du? 12? - Dan will Anna wiedersehen.

Plot: Nachrufeschreiber Daniel (Jude Law) lernt in London durch eine Verkehrsunfall die junge Stripperin Alice (Natalie Portman) kennen und lieben.
Als er zu einem Fotoshooting geht, lernt er die Fotografin Anna (Julia Roberts) kennen und verliebt sich in sie. Die will aber keine Beziehung zerstören und bleibt distanziert. Aus Rache fädelt Daniel ein Blind-Date in einem Sex-Chatroom zwischen Anna und dem Dermatologen Larry (Clive Owen) ein. Ungewollt spielt er den Amor, denn Larry und Anna verlieben sich und heiraten sogar. Auf einer Kunstausstellung begegnet Daniel Anna wieder und Larry lernt Alice kennen. Anna und Daniel beginnen eine Affäre von der sie Larry erzählt. Daniel wiederum gesteht Alice seine Liebe zu Anna. Von diesem Moment an beginnt eine blutige Schlacht um Liebe und Sex.

Kritik: Hautnah, im Original Closer - und auch wohl der treffendere Titel - wurde von Regisseur Mike Nichols (Die Reifeprüfung, Birdcage, Die Waffen der Frauen) inszeniert. Man merkt bei Hautnah in jeder Sequenz, an jedem Blick der Protagonisten, an jedem Dialog, dass es sich hier um ein Bühnenstück handelt. Es wird ausschließlich geredet, der Film besteht im Grunde nur aus Dialogen. Dieser Film ist nicht für den netten Sonntag-Abend-Kinounterhaltungs-Anlass gedreht worden. Er ist eiskalt, deprimierend und niederschmetternd. Der Zuschauer sieht 100 Minuten lang zu, wie sich vier Menschen gegenseitig das Leben zur Hölle machen, wie sie sich ihren Herzen herausreißen und darauf herumtrampeln, solange bis nichts mehr von ihnen übrig ist.
Das ist keine schöne Unterhaltung, aber hervorragend gespielt und zwar von allen vier Hauptdarstellern. Natalie Portman (Leon - Der Profi , Episode 1 und 2) als hübsche Stripperin Alice, Julia Roberts (Pretty Woman, Erin Brockovich) als ehebrechende Fotografin Anna, Jude Law (Unterwegs nach Cold Mountain, eXistenZ) im John-Boy-Outfit als Nachrufe schreibendes Weichei Daniel und Clive Owen (King Arthur, Jenseits aller Grenzen) als absolut selbstgefälliger Macho Larry.
Bis auf den Titelsong bleibt der Film auch extrem musikarm; die Dialoge, die Blicke, die Gesten der Darsteller stehen im Vordergrund. So wird es hier und dort dann wirklich mal etwas langweilig, besonders dann, wenn Waschlappen Daniel und Stripperin Alice ihre romantischen Säuseleien von sich geben. Interessant, oder besser gesagt belebt, wird der Film immer dann, wenn Clive Owen die Leinwand betritt; was sowohl an seinem Charakter als auch an seiner hervorragenden Darstellung eines von sich eingenommenen Machos liegt. Er bringt Schwung und ein wenig Humor in denn sonst eher langwierigen Film - das tut gut.
Und trotz dieser guten darstellerischen Leistungen bleiben die Charaktere dem Zuschauer gegenüber distanziert. Man kann kein Mitleid mit diesen Vieren empfinden, die sich doch ihre Probleme selbst machen.

Daniel liebt Alice, aber er liebt auch Anna. Anna liebt Larry aber noch mehr begehrt sie Daniel. Und Alice? Alice liebt eigentlich nur Daniel, vögelt aber trotzdem mit Larry. Hört sich komisch an? Ist aber so!
Alle vier reden lange und ausgiebig darüber wer mit wem fickt. Und das Wort "Ficken" ist das meistbenutzte Wort in diesem Film. Überhaupt sind die Dialoge extrem schmutzig. Von ficken über vögeln, bumsen, lecken und lutschen ist hier alles vertreten und das in eindeutiger Verwendung. Es wird also immer über Sex geredet, aber zu sehen bekommen wir ihn nicht. Der Sex wird sich beim Zuschauer im Kopf abspielen und nirgends sonst, und das ist auch gewollt.
Hautnah ist nicht erotisch, nicht romantisch. Er ist direkt, er zeigt uns, wie grausam, wie gefühllos Menschen sein können. Er zeigt, wie sich die vier mit Taten und Worten derart verletzten, bis im sprichwörtlichen Sinne Herzblut fließt - und das nicht zu knapp. Daniel betrügt Alice mit Anna, Anna betrügt Larry mit Daniel, Larry und Alice betrügen Daniel und Anna.
Von allen Charakteren ist Larry der durchtriebenste. Er inszeniert eine perfide Intrige, um Anna zurückzugewinnen, obwohl er weiß, dass sie ihn nicht mehr liebt. Nicht etwa weil er sie über alle Maßen liebt, sondern weil er sie besitzen will.
Überhaupt geht es in Hautnah um Besitz. Jeder will jeden besitzen. Jeder will besser sein als der andere. Jeder will das haben, was einem anderen gehört - und dabei zerstören sie sich gegenseitig. Am Ende gibt es drei Verlierer und einen, der glaubt gesiegt zu haben, aber das hat er nicht, denn zum Schluss wird keiner mehr geliebt - und das ist wohl das Traurigste an diesem Film. Es wird immerzu von der Liebe gesprochen, aber sie spielt in diesem Film nicht die Hauptrolle. Eigentlich ist die Liebe hier der Zuschauer, der an der Seitenlinie steht und zusieht, wie das Leben vierer Menschen durch Eigenverschulden zusammenfällt. Eine treffende Zeile des Titelsongs lautet: "There ist no love, no glory ..."
Der eigentliche Hauptdarsteller des Films ist die Lüge. Von ihr wird immer gesprochen, aber niemand benutzt sie. Stattdessen sagen sich alle immer schön die Wahrheit und benützen die Liebe dazu dem anderen größtmöglichen Schaden zuzufügen.
Eine einzige Figur beginnt ihre Beziehung mit einer Lüge und sie ist auch die einzige, die ihre "Sünde" verschweigt - denn wozu bitte schön gibt es sonst wohl die Lüge? Lügen wir nicht, damit wir dem anderen nicht weh tun müssen? Würden alle immerzu nur die Wahrheit sagen, gäbe es keine Freundschaften und auch keine Liebschaften mehr - soviel dürfte wohl klar sein. Nicht die Wahrheit ist der Schlüssel zur Liebe, sondern dieses Zitat aus Solo für Klarinette: "In der Liebe musst du vertrauen." - Aber Vertrauen ist für alle vier Charaktere ein Fremdwort.
Nicht vielen Kinogängern wird die Machart des Films gefallen, dazu ist er einfach zu sehr ein Theaterstück. Mir hat Hautnah gerade deswegen gut gefallen. Es gibt keine Verfolgungsjagden, keine Explosionen, keine Toten - nur eine Bühne, viele Dialoge und vier glänzende Schauspieler die mit ihren Gesten, Blicken und Worten agieren.

Fazit: Hautnah bleibt auf Distanz. Theaterstück im Filmformat, dialoglastig, manchmal langatmig aber hervorragend besetzt. Für Freunde des realistischen Films. 7 von 10 Porno-Chatroom-Dates.

Sandra Plich
15.01.2005

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391 Stimmen
Schnitt: 5.1
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Leser-Kommentare:
Julyve (04.07.05): Hi,habe den Film gesehen und fand ihn sehr nachdenklich. Ein Zitat gefällt mir sehr,was Natalie Portman sagt, bekomm es leider nicht mehr "zusammen" - vom Sinn her: ES gibt immer einen Moment, wo man Nein sagen kann zur Versuchung. Kann mir jemand den genauen Dialog mailen? Danke! p.s.: das lied ist ebenfalls genial!
y,ma (15.04.05): ich würde aba gerne wissn wie das leid heißt,was in der werbung zu dem trailor von dem film hautnah gespielt wird...der läuft z.b. auf mtv..wär sehr sehr nett wenn jemand mir die antwort schreiben würde,das lied is nämlich wirklich toll..sons hab ich meine email auch angegebn,dann unter thema einfach "hautnah" eingeben oder so.....danke =)
Kay (04.03.05): Hy Jane, bestimmt weißt Du´s mittlerweile schon. Trotzdem: Der Song heißt "The blower´s daughter" und ist von Damien Rice. Es gibt ein aktuelles Album wo der Song drauf ist. Schönen Gruß
Jane (14.02.05): Könnt ihr mir sagen, wie dieser geniale Titelsong heißt? "I can't take my eyes off you..." usw? Wäre supernett!
Martin (09.02.05): Siehe Fazit: NUR FÜR FREUNDE DIALOGLASTIGER, LANGATMIGER THEATERSTÜCKE!!!!!
Natassia (26.01.05): Hautnah/ Closer ist wie schon erwähnt schön fies und abgründig und hätte auch meiner Meinung nach eine Oscarnominierung als bester Film erhalten sollen. Aber wenigstens werden ja die beiden eigentlichen Stars des Films geehrt - Natalie Portman und Clive Owen. Für ihn ist der Oscar längst überfällig. Durch den hier schon genannten Film "Bent" von 1996 oder 1997 bin ich Fan geworden. Die Szene im KZ als er neben seinem Kollegen steht, die beiden werden vom Aufseher beim Stillstehen beobachtet, dürfen sich nicht berühren und nicht anschauen und haben doch Sex! Eine der intensivsten und erotischsten Szenen der Filmgeschichte.
Dominik (25.01.05): Im übrigen hat Clive Owen wohl jetzt reichlich Anerkennung bekommen, denn er ist für den Oscar nominiert. Ebenso wie Natalie Portman, und wenns nach mir gegangen wäre, wäre "Hautnah" auch als bester Film nominiert worden!
Guinevere (23.01.05): Eigentlich wollte ich nur andere Kommentare lesen, aber ich glaube ich bin hier in so eine Art Krieg gelandet! :-) Aber wo ich schon mal hier bin, kann ich auch noch was dazu sagen. Erstmal möchte ich Marko und Sandra danken!!! Ich dachte wirklich, ich bin der einzige Mensch auf dieser Welt, der Clive Owen kennt, mag und sein Können zu würdigen weiß! Clive Owen besitzt ein Talent, das nicht wirklich viele Schauspieler besitzen, das jedoch einen guten Schauspieler erst ausmacht: Allein durch sein Dasein und seine Mimik füllt er den Raum komplett aus. Er braucht nicht einmal den Mund aufzumachen, er braucht nur gucken. Es ist schade, daß sein Können von einigen anscheinend nicht bemerkt wird oder nicht bemerkt werden möchte. Gut, die Geschmäcker sind verschieden, aber Talent kann man doch nicht leugnen oder nicht bemerken. Zum Thema Bond: Clive Owen ist eigentlich wie geschaffen für den neuen Bond. Mal abgesehen davon, daß er nicht einfach nur genau so aussieht, wie ein Bond aussehen muß, nein, er besitzt auch die Ausstrahlung dafür UND ist sogar noch Brite! Was wollen wir also mehr? Ich hoffe, daß wir Clive Owen jetzt mal öfter im Kino präsentiert bekommen werden. Vielleicht hat der (verdiente!) Golden Globe ja endlich dazu beigetragen, daß auch er endlich in der weiten Welt der Filmemacher bemerkt wird.
Sandra (23.01.05): Lieber Sebastian, ich bin ebenfalls ein Bond-Fan, wie du weißt und ich wäre begeistert, würde er der neue Bond werden. Fakt ist, dass Clive Owen in DEINEN Augen keine Ausstrahlung hat, so wie in MEINEN Augen Brad Pitt keine Ausstrahlung hat. Für Marko, mich und noch einer Menge anderer Menschen hat Clive Owen jede Menge Charisma und das nicht zu knapp - siehe erwähnte Filmaufzählung. Wenn du das nicht so siehst, ist das eben Pech für dich, du mußt die Filme mit ihm ja auch nicht gucken. Soviel zum Thema Grundsatzdiskussion ;-)
Sebastian (23.01.05): Also wenn ich sowas lese, muss ich mich, als Ultra-Bond-Fan noch mal einmischen!
Clive Owen ist unverkennbar ein wirklich sehr guter Schauspieler! Keine Frage! Aber er hat für mich einfach nicht die Ausstrahlung, die ein Bonddarsteller haben muss. Owen hat in meinen Augen eigentlich fast keine nennenswerte Ausstrahlung! Schauspielerisch klasse aber für Bond einfach nicht genaug Charisma! Im Vergleich mit Connery und Brosnan schon gar nicht! Also wenn er die Rolle übernehmen sollte, dann weiß ich nicht, ob ich mir die Filme noch weiterhin so gerne ansehe!
Aber Sandra, dass haben wir ja privat schon genug ausdiskutiert, also kein Grund das hier wieder in eine Grundsatzdiskussion ausufern zu lassen! ;-)

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