Letters from Iwo Jima
Drama, USA 2006, 141 Minuten, ab 16
Originaltitel: Letters from Iwo Jima; Deutschlandstart: 22.02.2007 (Warner Bros.); Regie: Clint Eastwood; Produktion: Clint Eastwood, Steven Spielberg u.a.; Drehbuch: Iris Yamashita, Paul Haggis nach der Vorlage von Tadamichi Kuribayashi und Tsuyoko Yoshido; Musik: Kyle Eastwood, Michael Stevens; Kamera: Tom Stern; Schnitt: Joel Cox, Gary Roach

mit Ken Watanabe (General Tadamichi Kuribayashi), Kazunari Ninomiya (Saigo), Tsuyoshi Ihara (Baron Nishi), Ryo Kase (Shimizu), Shido Nakamura (Lieutenant Ito), Hiroshi Watanabe (Lieutenant Fujita), Takumi Bando (Captain Tanida), Yuki Matsuzaki (Nozaki), Takashi Yamaguchi (Kashiwara), Eijiro Ozaki (Lieutenant Okubo), Nae Yuuki (Hanako), Nobumasa Sakagami (Admiral Ohsugi) u.a.

Filmplakat
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Offizielle Website (Warner Bros. )
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Clint Eastwood fand nach eigenen Aussagen im Verlauf der Dreharbeiten zu seinem Kriegsdrama Flags of Our Fathers großes Interesse an der Lebensgeschichte des japanischen Kommandeurs Kuribayashi, der auf Seiten der Japaner die Insel Iwo Jima vor den angreifenden US-Truppen zu verteidigen versuchte. So kommt nun bereits wenige Wochen nach seinem ersten Film über die Schlacht im Pazifik mit Letters from Iwo Jima eine Art Komplementärwerk ins Kino, was insbesondere deshalb bemerkenswert ist, da der Film sich ganz auf die Perspektive der Japaner konzentriert, eine mutige Entscheidung, die Eastwood in den USA gerade von rechten Kreisen einige Kritik einbrachte. Der Zweite Weltkrieg mag seit gut sechzig Jahren beendet sein, die Wunden sind anscheinend, vielleicht auch im Hinblick auf den aktuellen, aussichtslosen Krieg im Irak, längst nicht verheilt.

Plot: Eigentlich ist das Ganze eine unmögliche, selbstmörderische Mission, und Kuribayashi (Ken Watanabe, bekannt aus Last Samurai) weiß das selbst am besten, denn die Pazifikinsel Iwo Jima, im Grunde ein ziemlich trostloses Fleckchen Erde, soll gegen eine wahre amerikanische Übermacht, die zudem vom Kriegsmaterial her deutlich überlegen ist, verteidigt werden - koste es, was es wolle. Und es wird das Leben kosten, dessen sind sich auch die meisten japanischen Soldaten bewusst.
Trotzdem entwickelt Kuribabayshi einen leidenschaftlichen Ehrgeiz, lässt ein komplexes Tunnelsystem bauen und schwört seine Männer auf die Aufgabe ein. Unter ihnen befindet sich auch der junge Soldat Saigo (Kazunari Ninomiya), der seiner Frau und seinem ungeborenen Kind vor seiner Abreise versprochen hat, zu ihnen zurück zu kommen. In den authentischen Briefen, welche die Soldaten nach Hause zu ihren Familien schicken, offenbart sich die seelische Krise der dem Tode geweihten jungen Männer.
Letters from Iwo Jima läuft in Deutschland, ebenso wie in den USA, im japanischen Original, aber (zum Glück) mit deutschen Untertiteln.

Kritik: Auch wenn Letters from Iwo Jima insofern etwas besonderes leistet, weil er seine Geschichte aus der Sicht der Japaner schildert, liegt der Vergleich zu Terrence Malicks Meisterwerk Der schmale Grat nahe, der ebenfalls eine absurde Pazifikschlacht aus dem Zweiten Weltkrieg thematisiert und das Leid der Japaner explizit zeigt.

Zeitgleich mit Spielbergs Der Soldat James Ryan abgedreht, dem eher simpel gestrickten, pathetischen Kriegsdrama, war Der schmale Grat eine filmische Überraschung, eher eine philosophische Meditation über die Natur des Menschen als ein konventioneller Kriegsfilm. Daran muss man vielleicht denken, wenn man Letters from Iwo Jima sieht, denn bei all seinen Qualitäten hat man doch irgendwie das Gefühl, das alles schon einmal so oder so ähnlich gesehen zu haben.
Das ist in diesem Fall nicht unbedingt schwerwiegend, weil Letters from Iwo Jima ein durchweg gut inszenierter Film geworden ist, angereichert mit einigen emotional packenden Schlüsselszenen, die natürlich in ihrer Fokussierung auf einzelne Schicksale und persönliche Erinnerung an glückliche Vorkriegszeiten absolut in der Tradition früherer Kriegsdramen stehen.
Eine besondere Qualität des Films liegt darin, dass Eastwood sich bei allem Leid, das sein Film berührt, einen unsentimentalen und völlig unaufgeregten Ton bewahrt. Seien es die dramatischen Szenen japanischer Todesmutigkeit oder die Massaker an gefangenen Soldaten auf beiden Seiten, Eastwood beobachtet das Geschehen nüchtern und emotional zurückgenommen, ohne sich auf gängige hollywoodtypische Extravaganzen wie eine melodramatisch eingespielte Hintergrundmusik oder simple Charakterzuschreibungen zurückzuziehen. Das hat er seinem Freund Steven Spielberg voraus, der den Film übrigens co-produzierte.
In Letters from Iwo Jima gibt es keine vordergründige Sympathielenkung des Zuschauers, es ist nicht so einfach zu beurteilen, wer hier ein Schurke oder wer ein echt netter Kerl ist. Der Krieg zeichnet alle, und auch die japanischen Hardliner, die sich am unerbittlichsten geben, sind letztlich geprägt von der Tradition ihres Landes, sie folgen einem Ehrencodex, der für westliche Zuschauer nur sehr schwer nachzuvollziehen ist. Clint Eastwood urteilt nicht, er zeigt. Und über das Aufzeigen der Unmenschlichkeit regt er natürlich doch etwas an, was insbesondere in den USA einigen Staub aufgewirbelt hat - der Krieg, von seinem falschen Pathos befreit, ist ein absurdes Theater, das niemanden als moralischen Sieger entlässt.

Fazit: Berührendes Kriegsdrama, durchaus konventionell, aber gekonnt inszeniert. 8 von 10 Mal Harakiri mit der Handgranate!

Dominik Rose
23.02.2007

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Schnitt: 5
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Leser-Kommentare:
Nikolas (01.03.07): Ich bin zweigespalten: Auf der einen Seite hat Dominic im Prinzip mit allem Recht, was er schreibt. Die Elemete des Film, Zeigen statt urteilen, Characterausleuchtung, Sinnlosigkeit, keine Sympathielenkung, etc., das stimmt alles und ist das, was den Film stellenweise gut werden lässt. Aber rein formal fand ich den Film zu langsam und mit zu vielen Längen. Die Rückblenden waren zwar alle sinnvoll, zogen den Film aber derartig in die Länge, das ich sie beinahe nicht sehen wollte. In seinen Elementen wirklich gelungen aber als Gesamtwerk IMO irgendwie etwas enttäuschend, auch weil man vieles schon woanders gesehen hatte. Und was sollte der überlebende Soldat? Happy End Zugeständnis an das Publikum? Das Meisterwerk konnte ich am Ende nicht mehr nachvollziehen, ganz im Gegensatz zur "Der schmale Grat" oder "James Ryan". Ich gebe nur 6 von 10 vergrabenen Briefen
Sebastian (25.02.07): Schon wieder kann ich Dominiks Kritik fast vollständig unterschreiben, nur sehe ich es so, dass Letters from Iwo Jima nicht nur durch weg gut, sondern durchweg fantastisch inszeniert ist!!! Einfach ein genialer Film!
Das ist wieder ein Clint Eastwood-Film, wie er sein soll! Flags of our fathers fand ich ja leider nur recht gut, aber im Vergleich zu diesem Film (obwohl man sie eigentlich nicht direkt vergleichen kann!) sinkt Flags of our fathers ins Mittelmaß!
Iwo Jima hatte alles das, was mir bei Flags of our fathers fehlte: Wirklich eindringliche, beklemmende Bilder, ein guter Handlungsaufbau, weniger Charaktere, diese dafür dann aber sehr ausführlich dargestellt, so dass man mit ihnen mitfühlen kann und deren Handlungen man auch verstehen kann, selbst wenn man sie nicht so ganz nachvollziehen kann!
Das Beste aber ist, wie Dominik schon schrieb, dass Eastwood nicht wertet, sondern nur schildert! Es gibt im Grunde weder Freund noch Feind, sondern alle sind MENSCHEN, die ums überleben kämpfen. Weder die Amerikaner sind die Bösen noch die Japaner! Man kann alles im Grunde auch auf Deutsche, Franzosen etc. übertragen!
Für mich einer der besten Filme, die ich bis jetzt in diesem Jahr gesehen habe! Er hätte den Oscar redlich verdient, falls er in bekommen sollte! Ich bin immer noch total begeistert! 9,5 von 10 geschenkten Colts!

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